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Medien: Flaggen und Islamexperten

Welches Bild vom 11. September BBC und CNN in die Welt tragen

Die beiden Weltsender CNN-Television und BBC-World-Television sind in ihren Ländern, den USA und Großbritannien, nicht zu sehen, wohl aber von Millionen Zuschauern rings um den Globus. Welches Bild man sich in Delhi oder Kuala Lumpur, Peking oder Rio von den USA, von der Weltlage macht, das haben diese beiden Sender quasi monopolistisch in der Hand.

Und da sind sie sichtbar, die stilistischen und politischen Unterschiede zwischen den Angelsachsen und ihrer einstigen Kolonie, der Großmacht USA. Grob gesagt ist CNN patriotisch, leicht show-orientiert, pathos-anfällig; BBC global denkend, postkolonial, Reportage-orientiert. In den Monaten nach dem 11. September 2001 machte CNN eine doppelte Wandlung durch. Nie gab es so viele Auslandsreportagen, Islamexperten im Interview, und sowenig Society-Klatsch. Zugleich wehten nie so viele amerikanische Flaggen. Trotzdem: CNN glich sich BBC an. Nach einem halben Jahr jedoch sackte das Niveau sukzessive wieder ab. Die Schere zwischen beiden Sendern geht wieder weiter auseinander.

Der bevorstehende „Kampf gegen Saddam“ dominierte die News und Interviews, und Lou Dobbs als besorgter Moderator interviewte einen entsetzten Beobachter, als es darum ging, dass die amerikanische Lehrervereinigung den Lehrern in den USA empfohlen hatte, die Ereignisse des 11. September in ihren Klassen nicht unter Hinweis auf den Islam anzusprechen. Kein Lehrervertreter wurde interviewt – bei BBC undenkbar. BBC-Reporter hingegen machten sich zum Beispiel auf den Weg, die Verwandten eines mexikanischen Kochs aus dem Restaurant in der obersten Etage des World Trade Center in einem kleinen Dorf in Mexiko und in ihren schmuddeligen Wohnungen in New York zu besuchen. Wie der Sohn illegal über die Grenze kam, wieviele Tausende das riskieren, dafür große Summen zahlen, um ihr Glück in New York zu finden. „Manche kommen wieder, mit Geld, manche sterben, so ist das nun mal, was sollen wir tun?“, fragt eine alte, Zahnlücken zeigende Mexikanerin in dem Dorf. Für sie ist der 11. September einfach ein Schicksalsschlag, wie ein Unfall auf dem Bau, eine Krankheit, eine Schießerei. Kaum ein Bericht machte besser deutlich, wie weit entfernt vom politischen und medialen Epizentrum „Ground Zero“ Millionen von Menschen leben, jenseits der Bilderflut.

CNN hingegen ist wieder mehr ein Staatssender geworden, wenn sich auch noch Spuren der neuen Horizonterweiterung finden. Am ehesten ließ sich das gestern sehen, als BBC während der Zeremonie am Ground Zero immer wieder zu Kommentar und Analyse ausblendete, und CNN die Zeremonie fast vollständig eins-zu-eins übermittelte, inklusive Marschmusik und Flaggen-Eid. Sicher, wer will den Amerikanern das an diesem Tag verdenken. Doch das eins-zu-eins wird, wieder, zu einem Grundzug des Senders. Schade, er hatte doch schon dazu gelernt. Caroline Fetscher

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