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Medien: Flucht in die Alpen

Im Film „Killergrippe 2008“ bricht eine Epidemie aus

Das Fernsehen bietet zurzeit Katastrophen-Tourismus. Das ZDF knipst bei „Armageddon“ gleich dem ganzen Planeten das Licht aus, und Pro Sieben hat in diesem Jahr schon den Fernsehturm auf dem Berliner Alexanderplatz („Das Inferno“) in Brand gesetzt und die Ostküste der USA mit einem Hurrikan („Superstorm“) verwüstet. Nun kommt die „Killergrippe 2008“ auf dem Sender an. Der Film von Autor und Regisseur Richard Ladkani erzählt in einem fiktiven dokumentarischen Rückblick aus dem Jahr 2010 den Verlauf einer Grippe-Epidemie: Der Vogelgrippe-Virus H5N1 mutiert zu einem gefährlichen Erreger und wird in Deutschland eingeschleppt. Weltweit sterben 57 Millionen Menschen, davon 500 000 Deutsche. Doch beschäftigt sich „Killergrippe 2008“ weniger mit den direkten Opfern, sondern eher mit den Begleiterscheinungen der Katastrophe: Es kommt zu Demonstrationen vor Krankenhäusern, Geiselnahmen in Medikamentendepots und Plünderungen von Apotheken. Beim Verkauf von Arzneimitteln, die bis zur Entwicklung eines Impfstoffs die Ansteckungsgefahr mindern, bereichern sich die Politiker selbst. In dem Szenario, das der Film entwirft, denken die Menschen nur noch an sich und rasant breitet sich Panik aus. „Alpenluft schützt vor Killervirus“ titelt eine Boulevardzeitung unsinnigerweise, prompt kommt es zu Staus und Massenkarambolagen auf der Autobahn.

Mit Aufklärung hat diese filmische Überzeichnung der Zustände wenig zu tun, sie ist dem Genre des Katastrophenfilms geschuldet. Die latent vorhandene Furcht vor dem Ausbruch einer Seuche erhält mit „Killergrippe 2008“ neue Bildernahrung, nüchterne Informationen bleiben aus. Formal bemerkenswert ist immerhin, dass die Regisseure ungewöhnliche Aufnahmetechniken benutzt haben; einige Szenen sind mit Handykameras gefilmt, andere mit Helm-, Überwachungs- und Wärmebildkameras. Störend wirken die ruckartigen Kamerazooms und die Unheil verkündende Musik. In diese flotte Form mit ihren vielen Schnitten passen die fiktiven Interviews mit vermeintlichen Zeitzeugen kaum hinein, dazu wirken sie zu hölzern. Insgesamt steht den Protagonisten die Schauspielerei überdeutlich ins Gesicht geschrieben und die gezeigten Einzelschicksale berühren wenig.

Offenbar wollten die Sender des Pro SiebenSat1-Konzerns den Film außerdem nutzen, um ihre Nachrichtensprecher einmal vorzustellen. So gibt es ein Wiedersehen mit Thomas Kausch als „Anchorman“ der Sat1-„News“ – ein Bild von gestern, das in der Zukunft anders aussehen wird. Denn Kausch wird, gewissermaßen infolge eines Heuschrecken-Virus, ab Oktober anderswo, nämlich auf Arte, aktiv. Thomas Gehringer

„Killergrippe 2008“, ProSieben,

20 Uhr 15

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