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Medien: Frag deinen Bundestagsabgeordneten - per Abgeordnetenwatch.de

„Sehr geehrter Herr Thierse, wie funktioniert das eigentlich mit unserer Demokratie?“, „Herr Gysi, wie stehen Sie zu einem internationalen Einsatz in der Krisenregion Darfur?

„Sehr geehrter Herr Thierse, wie funktioniert das eigentlich mit unserer Demokratie?“, „Herr Gysi, wie stehen Sie zu einem internationalen Einsatz in der Krisenregion Darfur?“ Mit allerhand Fragen werden die Abgeordneten des deutschen Bundestages seit Dezember 2006 auf der Homepage Abgeordnetenwatch.de gelöchert. Die Initiative wurde gerade für den Grimme Online Award 2007 nominiert.

Per Mausklick zum Volksvertreter – die Website verspricht eine einfache Kontaktaufnahme. Die Eingabe der Postleitzahl reicht, damit der Bürger die wichtigsten Daten über „seinen“ Abgeordneten erfährt: Partei, Themenschwerpunkte, Mitgliedschaft in Ausschüssen, Kontaktdaten und das Abstimmungsverhalten im Bundestag. Über eine Eingabemaske kann der Bürger den Abgeordneten Fragen stellen. Sie werden dann, genauso wie die Antworten, veröffentlicht.

Was die Abgeordneten von der Rente mit 67, von Patientenverfügungen oder vom Tornado-Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan halten, wollen die Bürger wissen. Die meisten Fragen sind Sachfragen. Nur werden die Parlamentarier manchmal mit Themen konfrontiert, für die sie gar nicht zuständig sind. So will eine Bürgerin von dem Berliner CDU-Abgeordneten Kai Wegner wissen: „Was gedenkt die CDU zu den chaotischen Zuständen im Berliner Senat zu unternehmen? Von Gammelfleisch bis Ganztagsschule usw.“ Geantwortet hat Wegner trotzdem: Für ihn eine Gelegenheit mehr, um gegen die rot-rote Regierung in Berlin zu wettern.

„Um wirklich wählen zu können, muss man seine Abgeordneten auch kennen“, sagt G regor Hackmack, einer der Initiatoren der Website vom Verein „Mehr Demokratie e. V.“ Die Idee zu Abgeordnetenwatch.de entstand 2004 in Hamburg. Damals gab es in der Hansestadt eine Volksabstimmung über ein personalisiertes Wahlrecht bei Kommunalwahlen. Die Hamburger entschieden sich dafür, aber die Frage blieb: Wie soll ich denn Personen auswählen, wenn ich die Leute gar nicht kenne? Abends beim Bier hatten Hackmack und sein Vereinskollege Boris Hekele die Idee, eine Dialogmöglichkeit im Internet zu schaffen: eine Bürgerplattform mit Profilen für alle 121 Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten wurde kreiert. Die Politiker waren dem Projekt zugetan. Ihre einzige Forderung war, dass der Verein die politische Neutralität wahrt. Was in Hamburg ehrenamtlich startete, wurde 2005 zum deutschlandweiten Erfolg: Zur Bundestagswahl präsentierte der Verein alle Aspiranten auf der Seite kandidatenwatch.de. 12 500 Fragen stellten die Bürger, 72 Prozent wurden beantwortet.

Seit dem 8. Dezember sind nun alle Bundestagsabgeordneten präsent. 4 467 Fragen sind seither eingegangen, 3067 wurden beantwortet. Einige Abgeordnete antworten selbst, andere lassen ihre Mitarbeiter schreiben, dritte reagieren gar nicht. Während Gregor Gysi (PDS) schon 39 von 44 Fragen beantwortet hat, hat Wolfgang Thierse (SPD) noch auf keine der elf an ihn gerichteten Fragen reagiert. Wolfgang Schäuble (CDU) schreibt, dass er andere Wege der Kommunikation bevorzugt und bittet die Bürger, sich direkt an sein Büro zu wenden.

Für den Verein „Mehr Demokratie e. V.“ ist die Seite eine Menge Arbeit: Alle Bürgerfragen werden zunächst gelesen und dann per E-Mail an die Abgeordneten weitergeleitet. Vier Vollzeit-, zwei Teilzeitbeschäftigte und zahlreiche Ehrenamtliche sind damit beschäftigt. Vor allem sorgen sie dafür, dass die „Netiquette“ eingehalten wird: Keine Beleidigungen, keine anonymen Fragen oder solche zum Privatleben.

Carolin Jenkner

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