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Medien: Freitag ist „hoffnungslos“

Nowottny: „Bericht aus Berlin“ besser am Sonntag

Herr Nowottny, die ARD will den „Bericht aus Berlin“ von Freitagabend auf Sonntag um 18 Uhr 30 verlegen. Eine gute Idee?

Mein favorisierter Tag für den „Bericht aus Berlin“ wie auch damals für den „Bericht aus Bonn“ war der Freitag. Aber die PolitikVermittlung am Freitag wird angesichts des Programmumfeldes immer schwieriger. Nach Krimis, gegen Comedys zu kämpfen – das ist für eine politische Sendung geradezu hoffnungslos.

Spricht das nur gegen Freitag oder auch schon für Sonntag?

Der Sonntag hat sich ja auch gewandelt. Es ist ein Vor-Werktag. Es ist ein Anwärmen der Gemüter für die Themen der kommenden Woche. Das ist im Fernsehen so, das ist bei den Sonntagszeitungen nicht anders. In der ARD gibt es mit dem „Weltspiegel“ einen leicht politisierten Vorabend, dann die „Tagesschau“, schließlich „Sabine Christiansen“, eine politische Diskussionssendung, die schon etwas über die kommende Woche ahnen lässt. „Christiansen" ist nach Aussage des CDU-Politikers Friedrich Merz auch von Bedeutung, weil es das Parlament ersetzt. Der Mann weiß, wovon er redet.

Warum noch ein „Bericht aus Berlin“?

Die „Berichte“ aus Bonn und aus Berlin haben stets versucht, den Zuschauern Politik nahe zu bringen – was bei dem allgemeinen Politikfrust außerordentlich kompliziert und schwierig ist. Die Sendung hat ihre Berechtigung, auch wenn eine allgemeine Entpolitisierung der eigentlich politischen und früher sehr anspruchsvollen Magazine zu beobachten ist.

Wer hat vom „Bericht aus Berlin“ am Sonntag am meisten: das Fernsehen oder die Politik oder der Zuschauer?

Für die Macher hat sich nichts geändert: Die Sendung wird für die Zuschauer veranstaltet. Es ist natürlich schwierig, den Bürger zu überzeugen, dass das, was dort gesendet wird, ihn betrifft.

Muss da mehr geleistet wird?

Es kommt sehr darauf an, wie lange der „Bericht“ dauern wird…

… von 20 Minuten ist die Rede …

… das ist ein bisschen wenig. 25 bis 30 Minuten wären besser. 20 Minuten sind eine schwierige Sendezeit, wenn ich bedenke, was es in den 25 Parlamentswochen im Jahr aufzuarbeiten gilt.

Wie wird Ihrer Erfahrung nach als früherer Leiter des „Berichts aus Bonn“ und als Ex-WDR-Intendant das ZDF reagieren? „Berlin direkt“ startet am Sonntag um 19 Uhr 10.

Gegen einen Sendeplatz vom „Bericht aus Berlin“ um 18 Uhr 30 kann niemand etwas sagen. Das ZDF sendet um diese Zeit keine Politik. Außerdem sind der „Bericht aus Berlin“ und „Berlin direkt“ so unterschiedlich, dass man mit diesen Kontrastprogrammen gut leben kann.

Die Politik wird auf jeden Fall „Hurra“ schreien, sich noch wichtiger fühlen.

Davon kann ich nur abraten. Ich fürchte, diese Massierung von Politik am Sonntagabend bei ARD und ZDF könnte dazu führen, dass Politikverdrossenheit um sich greift. Aber gut, damit müssen wir leben. Politik hat den Anspruch verloren, das Interesse von Millionen zu fesseln. Das liegt an der Politik, nicht am Fernsehen.

Das Interview führte Joachim Huber.

„Tagesthemen mit Bericht aus Berlin“, heute, 22 Uhr 15, ARD

Friedrich Nowottny , 75, hat bis 1985 tausend Mal für die ARD den „Bericht aus Bonn“ erstattet. Danach war der Journalist zehn Jahre lang Intendant des WDR

in Köln.

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