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Medien: Furchtlos in Ostberlin

Zum Tode des ZDF-Journalisten Hans-Jürgen Tautz-Wiessner

Wie viele gute Fernsehjournalisten kam Hans-Jürgen Tautz-Wiessner, einst erster ZDF-Korrespondent in Ostberlin, von der schreibenden Zunft. Bei den Zeitungen „Telegraph" und Tagesspiegel in Berlin verschaffte er sich in den Nachkriegsjahren das Rüstzeug für seine spätere Laufbahn im ZDF.

Dabei entwickelte er eine feine Witterung für deutschlandpolitische Zusammenhänge und fahndete vor allem in der DDR unablässig nach Hintergrundstorys, die sein Publikum in Ost und West ebenso faszinierten, wie sie die Spitzenfunktionäre in Ostberlin verärgerten. In jenen 70er Jahren gab es in der DDR riskante Vorgänge, die ARD und ZDF trotz aller journalistischen Konkurrenz nur gemeinsam aufgreifen konnten. Nicht nur damals 1976, als wir über die tragische Selbstverbrennung des Pfarrers Brüsewitz und den Hausarrest des Dissidenten Professor Robert Havemann reportierten, verband mich mit „Bautzi", wie ihn Freunde und Kollegen nannten, eine enge Freundschaft. In seiner Fürsorge für in Not geratene DDR-Bürger scheute er keinen Konflikt mit den staatlichen Organen. Er gehört ohne Zweifel zu denen, die sich um die deutsche Einheit verdient gemacht haben.

Hans-Jürgen Tautz-Wiessner, Jahrgang 1922, zunächst Medizinstudent, verabschiedete sich im Zweiten Weltkrieg als Obergefreiter im turbulenten Januar 1945 von der Wehrmacht bis zum Kriegsende in den Berliner Untergrund. Die gefahrvolle Illegalität verschonte ihn nach der Befreiung allerdings nicht vor einer mehrjährigen Haft im sowjetischen Konzentrationslager Sachsenhausen.

Die Erfahrungen jener Jahre haben ihn geprägt. Berlin, New York, Wien, Belgrad, Budapest und Bukarest waren Stationen seiner Fernsehlaufbahn. Jetzt ist „Bautzi" Wiessner im Alter von achtzig Jahren gestorben. Heute findet um 10 Uhr 30 die Trauerfeier in der Dorfkirche Alt-Gatow statt.

Lothar Loewe

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