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Fußball im Fernsehen: "Spiele sind zu aufgeblasen"

Moderator Arnd Zeigler ärgert sich über Wiederholungswahn beim Liga-TV.

Fußball im Fernsehen bedeutet größtmögliches Brimborium. In Ihrer Sendung „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ wirkt der Sport klein und individuell, wie das Hobby eines versponnenen Zeitgenossen. Wird Fußball zu verbissen gesehen?

Was man als Fußball-Fan überhaupt nicht mag, ist, wenn man mit dem Satz getröstet wird: Es ist ja nur ein Spiel. Aber ich verstehe weite Teile der Fan-Kultur nicht mehr. Ein erstaunlich hoher Prozentsatz geht ins Stadion, um sich zu ärgern. Fußball sollte ernst genommen, aber nicht verbissen gesehen werden. Das richtige Maß ist wichtig.

Haben Fans keinen Humor?

Doch, schon oft. Was mich am meisten erstaunt: Es ist in der Sendung ein Klima gewachsen, das die Leute ein bisschen zusammenführt, so dass mir am Ende sogar Schalke- oder Hamburg-Fans eine gute Saison wünschen. Fußball-Fans sind, wenn die Ansprache entsprechend gewählt ist, entspannter und offener, als ich es auch als Stadionsprecher für möglich gehalten habe.

Als Seelsorger müssen Sie bei Ihrem Fußball-„Notruf“ also nicht auftreten.

Nein, das war am Anfang die Idee. Ich sollte der Domian-Talk für Fußball-Fans werden. Das ist insofern verwässert worden, weil ich zum Beispiel gerne in Archiven grabe und Spaß an Skurrilitäten habe. Es gibt auch viele, die sagen: Telefoniert weniger, die Fans nerven, wir wollen lieber eure Filmchen sehen. Das werden wir nicht tun, aber wir haben die Gewichtung schon soweit geändert, dass die Anrufer maximal die Hälfte der Sendung ausmachen.

War der größte Misserfolg Ihrer Sendung, dass die Suche nach dem Düsseldorfer Fan, der 1966 ein Tröten-Solo und ein leidenschaftliches „Peter Meyer eieieieiei“ vor der Kamera zum Besten gab, misslungen ist?

Ja, wobei ich die Resthoffnung habe, dass wir ihn noch finden. Mittlerweile wissen wir, dass er Bodo heißen soll, aber das hat uns auch noch nicht entscheidend weitergeholfen. Wir suchen auch nicht nur Fans. Es ist spannend nachzuforschen, was eigentlich ein Günter Delzepich, ehemals Alemannia Aachen, treibt – viel spannender, als zu zeigen, wie der Alltag von Franz Beckenbauer aussieht. Ich habe ein Faible für Spieler, die nicht 50 Länderspiele und einen begehbaren Kleiderschrank haben, sondern es theoretisch hätten schaffen können.

Was geht Ihnen an der Berichterstattung vor allem auf die Nerven?

Mir widerstrebt alles, was den Fußball akademischer und berechenbarer machen soll, als er in Wirklichkeit ist. So wird grundsätzlich mit Statistiken fahrlässig umgegangen. Mein Lieblingsbeispiel ist: Als Werder gegen Bielefeld gespielt hat, hatten wir angeblich gleich viele Zweikämpfe gewonnen und der Gegner hatte mehr Ballbesitz, aber wir haben 8:1 gewonnen. Oder wenn man einer Übertragung anmerkt, dass die Bildregie gar keine Ahnung vom Fußball hat, weil Bilder der Hintertorkamera gezeigt werden, wenn Abseits aufgeklärt werden soll.

Was sollte verändert werden?

Ich würde mir auch wünschen, dass man eine Szene nicht 18 Mal zeigt. Dieses Überhöhen und Aufblasen eines Spiels, das ich ganz nüchtern sehen möchte, nervt mich am meisten.

Ab 2009 will Leo Kirch pro Saison 500 Millionen Euro an Fernsehgeldern an die Profiklubs verteilen. Würden Sie alle Ihre Fußball-Sammlerstücke verkaufen, wenn die ARD dadurch die Bundesligarechte behalten könnte und die „Sportschau“ erhalten bliebe?

Das ist eine ganz gemeine Fangfrage. Ich würde, glaube ich, die Hälfte verkaufen. Es gibt manche Sachen in meiner Sammlung, hinter denen ich ein Leben lang hergelaufen bin. Auf der anderen Seite ist es so, dass ich mir nicht vorstellen kann, meine Sehgewohnheiten noch einmal sehr zu ändern.

Gesprächsthema in der Winterpause war die Verpflichtung von Jürgen Klinsmann durch die Bayern.

Ich hoffe als Bremer natürlich, dass das nicht funktioniert. Ich hatte auch ein bisschen gehofft, dass die Bayern sich noch drei, vier Monate rumstreiten, wer denn Trainer werden soll, weil das denen komplett die Rückrunde zerschossen hätte. Insofern finde ich es ganz clever, dass sie das so schnell geklärt haben. Klinsmann ist eine spannende Lösung.

Und wer wird Deutscher Meister?

Ich fürchte, Bayern München. Aber es wäre für mich ein Traum, wenn ausgerechnet gegen diese extrem aufgepumpte Mannschaft ein Kraut gewachsen wäre.

Das Interview führte Thomas Gehringer.

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