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Der Winter macht das Überleben noch schwieriger.

© 11 bit studios

Interview zu "This War of Mine": "Rennst du weg oder riskierst du dein Leben?"

Das Computerspiel "This War of Mine" handelt von zivilen Kriegsopfern und ihrem täglichen Kampf ums Überleben. Entstanden ist das Spiel in den Warschauer "11 bit studios". Ein Gespräch mit Pawel Miechowski, dem Autor von "This War of Mine".

Herr Miechowski, worum geht es in "This War of Mine"?

Es geht vor allem um Gefühle. Um den Moment, in dem man eine Entscheidung mit weitreichenden Konsequenzen treffen muss. Ein Beispiel: Man verlässt seinen Unterschlupf und wird irgendwo in der nächtlichen Stadt Zeuge von Gewalt. Die Frage ist: Was tust du jetzt? Rennst du weg oder riskierst du dein Leben, um dem Opfer zu helfen? Mit solchen Entscheidungen werden Menschen in Kriegen häufig konfrontiert. Was auch immer sie in solchen Situationen tun: es wird Konsequenzen haben.

Wie kamen Sie auf die Spielidee?

Unser Studio-Chef stieß auf einen Online-Artikel mit dem Titel "Ein Jahr in der Hölle". Darin schildert ein Zivilist, wie er die Belagerung einer bosnischen Kleinstadt während des Jugoslawien-Kriegs überlebte. Dieser Bericht hat uns alle sehr bewegt und wir hielten es für eine großartige Idee, daraus ein Spiel zu machen. Also begannen wir mit der Entwicklung.

Welche weiteren Quellen nutzten Sie für "This War of Mine"?

Da gibt es zum Beispiel das Buch "Logavina Street: Life and Death in a Sarajevo Neighborhood" von Barbara Demick. Wir schauten uns auch eine Video-Dokumentation darüber an, was in Syrien passiert: Es gibt ein sehr gutes Video von polnischen Journalisten mit dem Titel "Aleppo: Notes from the Dark". Auch auf amnestyinternational.org findet man viele Interviews mit zivilen Bürgerkriegsopfern. Wir selbst sprachen mit Überlebenden verschiedener Konflikte, auch mit unseren Familienangehörigen. Wir stammen aus Warschau, die meisten unserer Großeltern haben den Zweiten Weltkrieg und die Besetzung der Stadt erlebt: Zuerst die Invasion der Nazis, dann die sowjetische Invasion. Alles in allem haben wir ziemlich viel Recherche betrieben. Wir haben uns dabei auf kleine Geschichten konzentriert. Diese Geschichten verwendeten wir, um Ereignisse im Spiel zu erschaffen.

Wie haben Sie die Kriegsatmosphäre grafisch eingefangen?

Das Spiel findet in einer 3D-Welt statt. Wir haben uns aber für eine Querschnittsperspektive entschieden, weil die meisten Schauplätze Gebäude sind. "This War of Mine" wirkt deshalb wie ein 2D-Sidescroller. Für die Figuren verwendeten wir keine anonymen 3D-Modelle oder Schauspieler. Wir wollten ganz normale Menschen zeigen - manche dick, manche nicht so hübsch. Dafür haben wir uns selbst und unsere Freunde eingescannt. Außerdem verwendeten wir für das Spiel düstere, deprimierende Farben - sie sollen die Realität des Krieges wiederspiegeln. Der Grafikstil von "This War of Mine" ist letztlich eine Kombination aus zwei Zielen: Zum einen wollen wir die Verbindung zur Realität aufrechterhalten. Und zum anderen wollen wir das Gefühl einer deprimierenden, traurigen Welt vermitteln. "Nostalgie" ist wahrscheinlich ein ganz gutes Wort, um dieses Gefühl zu beschreiben.

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In der Ukraine wird gekämpft. Das verleiht Ihrem Spiel zusätzliche Aktualität...

Ja, das tut es, leider. Wir haben mit der Entwicklung des Spiels vor etwa zwei Jahren begonnen, damals gab es noch keinen Ukraine-Konflikt - und jetzt ist er da. Unser Spiel soll allerdings kein Kommentar zu irgendwelchen politischen Ereignissen in der Welt sein, denn wir selbst sind völlig apolitisch. Gleichwohl berührt unser Spiel die Realität, weil Krieg gerade in diesem Moment an vielen verschiedenen Orten auf der Welt stattfindet. Ob wir es wollen oder nicht: Unser Spiel ist eine Art von Kommentar, aber es ist kein politischer Kommentar. Es veranschaulicht nur, wie Menschen real leiden. "This War of Mine" ist für uns ein sehr persönliches Projekt. Möglicherweise ist es das wichtigste Spiel, das wir jemals machen werden.

Pawel Miechowski, Hauptautor von "This War of Mine".
Pawel Miechowski, Hauptautor von "This War of Mine".

© 11 bit studios

Werden Computerspiele reifer?

Ja, das glaube ich schon. Computerspiele werden sich immer häufiger mit Themen beschäftigen, die bisher vernachlässigt wurden: Akzeptanz von Verschiedenartigkeit, Krieg aus anderen Perspektiven, Liebe, Hass... solche Spiele wird es immer häufiger geben. Als Spieler habe ich die Nase voll von all diesen Action-Baller-Titeln. Ich suche nach etwas Anderem, nach Spielen, die mehr sein wollen als reine Unterhaltung. Ich habe nichts gegen Spiele, die nur unterhalten wollen, ich spiele sie ja selbst. Das kann aber einfach nicht alles sein.

Zur Rezension von "This War of Mine".

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