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Szene aus "Chaos auf Deponia".

© Daedalic Entertainment

Neue Games: Denksport auf der Mülldeponie

Es herrscht "Chaos auf Deponia": Der Schrottplanet ist von einem intergalaktischen Abrisskommando bedroht, seine Rettung hängt vom egozentrischen Erfinder Rufus ab. Das Hamburger Spielestudio Daedalic zündet mit dem Rätselabenteuer erneut ein Gag-Feuerwerk. Außerdem im Test: "NBA 2K13".

Sonderlinge sind seine Spezialität: Der Hamburger Game-Designer Jan Müller-Michaelis entwirft Spielfiguren, die so gar nicht dem klassischen Heldenideal entsprechen. Müller-Michaelis' wohl bekannteste Schöpfung ist das schizophrene Mädchen Edna, das mit ihrem Stoffhasen Harvey aus einer Nervenheilanstalt zu entkommen versucht. "Edna bricht aus" wurde 2008 mehrfach als "Adventure des Jahres" ausgezeichnet und auch für den Kindersoftwarepreis Tommi nominiert. Ein echter Antiheld ist auch der traurige Gaukler Sadwick aus dem Abenteuer "The Whispered World" (2009), für das Müller-Michaelis die Dialoge schrieb. In "Harveys neue Augen" (2011) schließlich ist es die vordergründig brave Klosterschülerin Lilli, die - wie durch Zufall - tödliche Zwischenfälle am laufenden Band produziert.

Alle diese Figuren haben eines gemein: Sie fügen sich nicht in die vorgefertigten Rollen, die ihnen die Erwachsenenwelt - repräsentiert durch Anstaltsleiter, Ordensschwestern, Zirkusdirektoren - zugedacht hat. Stattdessen brechen sie aus ihren beengten Verhältnissen aus und begeben sich auf Entdeckungsreise. Dass diese Fluchten urkomisch sein können, stellte Müller-Michaelis mit "Deponia" Anfang diesen Jahres erneut unter Beweis. Hauptdarsteller Rufus lebt auf einem Müllhaldenplaneten, den er um jeden Preis verlassen möchte - er scheitert aber immer wieder an seiner chronischen Selbstherrlichkeit. "Deponia" war der Beginn einer Abenteuer-Trilogie, die Hersteller Daedalic jetzt mit "Chaos auf Deponia" fortsetzt. Auch wenn die Handlung direkt an Teil eins anknüpft, lässt sich der zweite Teil ohne Vorkenntnisse spielen. Vor allem aber ist er spannender, witziger und technisch besser umgesetzt als der erste Teil.

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Zu viel soll von der skurrilen Story nicht verraten werden, deshalb nur ein kurzer Überblick: Noch immer versuchen Rufus und die bezaubernde Cyber-Elfe Goal, die Weltraum-Militärbehörde Organon an der Sprengung Deponias zu hindern. Goal soll in ihre Heimat Elysium zurückkehren und die Nachricht überbringen, dass der Müllplanet von Menschen bewohnt ist und verschont werden muss. Doch Rufus gelingt es in seiner grenzenlosen Ungeschicklichkeit, die Reisekapsel zu sabotieren: Goal stürzt ins Meer, ihr Gehirnimplantat wird zerstört und sie fällt ins Koma. Zwar gelingt es dem Wissenschaftler Doc, ihr digitales Bewusstsein zu retten, indem er es auf drei Datasetten kopiert. Doch fortan muss sich Rufus mit einer Goal herumplagen, die zwischen drei ganz unterschiedlichen Charakteren changiert.

Die Cyber-Elfe Goal beim Schnabeltierbataka.
Die Cyber-Elfe Goal beim Schnabeltierbataka.

© Daedalic Entertainment

Diese Konstellation ist für zahlreiche Gags und Slapstick-Einlagen gut. So wird die eben noch sanftmütige Goal plötzlich zur Krawallnudel, die in der Kneipe reihenweise Schnäpse stürzt und den verdutzten Rufus zu einem Duell in Schnabeltierbataka - einer Art Stabkampf - herausfordert. Andererseits kann die tripolare Persönlichkeit Goals auch sehr nützlich sein, wenn es ums Lösen der Adventure-typischen Rätsel geht. "Chaos auf Deponia" strotzt nur so vor originellen Kombinationsaufgaben und schrägen Charakteren: Mal muss Rufus einen hyperintelligenten Roboter-Wachhund überlisten, der ihn nicht vorbeilassen will. Oder er muss mittels Schrottkrabben einen Gondoliere verscheuchen, der mit seinem schleimigen Gesang ein Rendezvous zu stören droht. "Chaos auf Deponia" ist von einem anarchischen Humor durchzogen, der sich deutlich von den weichgespülten Witzen anderer Adventures abhebt. Bereits in der Anfangsszene des Spiels zeigen die Autoren, was sie von politischer Korrektheit halten: Das tragische Ende eines Kanarienvogels wird zum Kollateralschaden von Rufus' Unfähigkeit.

Auch im Aufbau unterscheidet sich "Chaos auf Deponia" von den meisten anderen Adventures: Es ist weniger linear. Gleich zu Beginn darf der Spieler ein großes Areal auf dem Schwimmenden Schwarzmarkt erkunden: Hier gibt es viele Rätsel zu lösen, die teils ineinander verzahnt sind, teils aber auch in Rätselketten parallel zueinander laufen. Die Welt von Deponia ist erneut sehr farbenfroh und detailliert in Szene gesetzt - die Animationen sind aber noch besser als im ersten Teil. Gut gewählt sind auch die Synchronsprecher, allen voran Monty Arnold, dessen Stimme hervorragend zum egozentrisch-missmutigen Rufus passt. Wenn es überhaupt etwas an "Chaos auf Deponia" auszusetzen gibt, dann sind es der belanglose Soundtrack und die eingeflochtenen Mini-Games, die nicht das Niveau der übrigen Rätsel erreichen. Denkwürdige Charaktere und eine außergewöhnlich originelle Handlung machen "Chaos auf Deponia" gleichwohl zum bislang besten Adventure des Jahres 2012. Man darf sich auf Teil 3 freuen.

"Chaos auf Deponia" für PC. Preis. 35 Euro. USK-Alterseinstufung: ab 6 Jahren.

NBA 2K13

Szene aus "NBA 2K13".
Szene aus "NBA 2K13".

© 2K Sports

Wenn Spiele miteinander konkurrieren, hat das für die Spieler selbst meist Vorteile. Der Wettbewerb setzt die Entwicklerfirmen unter Innovationsdruck: Sie können sich nicht mehr auf den Lorbeeren eines Bestsellers ausruhen, sondern müssen ihr Produkt ständig weiterentwickeln - eben so, wie man das auch aus anderen Industriebranchen kennt. Direkte Konkurrenten um die Gunst der Gamer sind etwa die Rennsimulationen "Forza" und "Gran Turismo": Seit Jahren kämpfen sie um die Spitzenposition - und übertrumpfen sich dabei mit neuen Strecken, Automodellen und einer möglichst realistischen Fahrphysik. Ähnlich fruchtbar ist der Wettbewerb auch im Rollenspiel-Genre: Das kürzlich erschienene "Guild Wars 2" setzt den Noch-Marktführer "World of Warcraft" mit zahlreichen Verbesserungen mächtig unter Druck. Ein drittes Beispiel ist das Duell "Fifa" gegen "Pro Evolution Soccer": Deren Entwickler feilen ständig an der künstlichen Intelligenz der Computerkicker, um ein möglichst realitätsnahes Geschehen auf den virtuellen Rasen zu zaubern. Auch hier profitieren die Spieler vom Wettbewerb der Hersteller.

Die Macher der Serie "NBA 2K" könnten sich eigentlich entspannt zurücklehnen: Auch in diesem Jahr bleibt ihre Basketball-Simulation allein auf weiter Flur. Das Konkurrenzspiel "NBA Live" wurde zum wiederholten Male abgesagt - ob es noch einmal zurückkehrt, ist fraglich. Umso bemerkenswerter ist, dass "NBA 2K13" die Basketballfans nicht mit einer routinierten Fortsetzung abspeist: Anstatt nur geringfügig an der Grafikschraube zu drehen, hat Hersteller Visual Concepts gleich mehrere spannende Neuerungen eingeführt. Sie betreffen vor allem die Steuerung - und machen "NBA 2K13" zu einem hochintensiven Spielerlebnis.

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Grundsätzlich geändert hat sich die Belegung des Controllers. Bisher lenkte man Spielfiguren mit dem linken Analogstick über Hallenparkett, der rechte Analogstick diente zum Werfen und Passen, weitere Moves wurden per Tastendruck initiiert - eine klare, aber nicht sehr eingängige Unterteilung. "NBA 2K13" macht das Spiel deutlich intuitiver: Dribbling-Varianten, Körpertäuschungen und Abwehraktionen werden auf den rechten Analogstick verlagert. Besonders deutlich zeigt sich der Fortschritt im Angriff, wenn der Spieler improvisieren kann, statt ständig sämtliche Tastenkombinationen im Hinterkopf haben zu müssen. "NBA 2K" war immer schon ein Spiel mit einer ehrfurchtgebietenden Funktionsfülle - gerade Anfänger dürften den Dribbelstick daher zu schätzen wissen. Schade nur, dass das Spiel seine Funktionen so schlecht erklärt: Das Tutorial ist tief im Menü versteckt und besteht aus knochentrockenen Übungen.

Eine zweifelhafte Entscheidung war, "NBA 2K13" zum Werbevehikel von Rapper Jay-Z zu machen. Der Soundtrack des erklärten Basketball-Fans und Team-Besitzers passt zwar ganz gut zu den schnell geschnittenen Spielzusammenfassungen. Auf Dauer jedoch nervt die Penetranz, mit der sich der Musikmogul hier in den Vordergrund drängelt. Der Qualität des Spiels selbst tut das aber keinen Abbruch: Mit seiner unglaublichen Funktionsvielfalt und seiner tollen Match-Atmosphäre ist "NBA 2K13" eine der besten Sportsimulationen, die es derzeit gibt.

"NBA 2K13" für PS3, Xbox 360 (je 60 Euro), PC, Nintendo Wii (je 30 Euro), PSP (20 Euro). Keine Altersbeschränkung.

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