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Medien: Gedruckte Qualität

Neun Journalisten erhalten Henri-Nannen-Preis

Zum zweiten Mal vergab der Verlag Gruner + Jahr am Freitag den nach dem „Stern“-Gründer Henri Nannen benannten Preis für herausragenden Journalismus. Die Anwesenheit des Laudators Wolfgang Schäuble (CDU) verleitete viele der 1200 Gäste im Hamburger Schauspielhaus auch zu der Erwartung, der Bundesinnenminister fände deutliche Worte für die gerade bekannt gewordene Bespitzelung von Journalisten durch den BND. Sie wurden enttäuscht. Im Vordergrund standen die Gewinner, allen voran der Träger des Egon-Erwin-Kisch-Preises. Aus dieser Auszeichnung ging der Henri-Nannen-Preis hervor, in dieser Kategorie wird die Königsdisziplin des Journalismus, die Reportage, auszeichnet. Gewinner ist Bartholomäus Grill für einen Beitrag in der „Zeit“. Darin beschreibt er den letzten Weg seines krebskranken Bruders bis zum „assistierten Freitod“ in der Schweiz. Mag sich die Jury immer mal uneinig sein. Für Grill habe „eine überwältigende Mehrheit“ gestimmt, sagte Jury-Mitglied Frank Schirrmacher und würdigte Grills journalistische Distanz trotz persönlicher Betroffenheit.

Der „Stern“ hatte allein 67 von insgesamt 870 Beiträgen eingesandt, ging jedoch in allen fünf Kategorien leer aus. Gewinner in der Kategorie „Dokumentation“ sind Stefan Willeke, Träger des Kisch-Preises 2005, und Hennig Sußebach von der „Zeit“. Sagenhafte 32 Flüge absolvierten sie, um zu dokumentieren, aus welchen Teilen der Welt in Zeiten der Globalisierung die Einzelteile für einen einzigen Rasierapparat stammen.

Seine Nannen-Büste fast auf der Bühne vergessen hätte Hrant Dink; prämiert in der Kategorie „Pressefreiheit“, plädierte er für die Verständigung zwischen Türken und Armeniern, deren beider Identität er in sich trage. Dink verleihe als Herausgeber der Wochenzeitung „Agos“ den verstummten Armeniern eine Stimme, hieß es in der Begründung. Mit Blick auf den Streit der Religionen nutzte seine Laudatorin Ayaan Hirsi Ali ihren Auftritt in der Hamburger Sprechbühne für das Bekenntnis: „Ich bin hier, um das Recht zu verteidigen, zu beleidigen.“ Die niederländische Politikerin hatte mit dem später ermordeten Theo van Gogh den Film „Submission“ gedreht und wird seither bedroht. Auch in Hamburg stand sie unter Polizeischutz, sagte Gruner + Jahr-Chef Bernd Kundrun, der auf den BND-Skandal zumindest hinwies. Auslöser für die Affäre des VW-Konzerns war ein Beitrag von Kayhan Özgenc im „Focus“. Dafür erhielt er den Preis in der Kategorie „Investigative Leistung“.

Schließlich ging es um den Humor in deutschen Blättern. Nominiert war auch Axel Hacke für seine Tagesspiegel-Kolumne „Und was mache ich jetzt?“. Doch wie 2005 ging die Nannen-Bronze zur „Süddeutschen Zeitung“. Wurde 2005 das „Streiflicht“ ausgezeichnet, nahm den Preis diesmal Kurt Kister entgegen. Kister, der Galas gemeinhin scheut und Komplimente schwer erträgt, dankte Rainer Stadler, Redakteur des „SZ-Magazins“. Stadler habe ihn „gezwungen“, die Reihe „Unsere Besten“ über das Personal der Berliner Republik zu schreiben.

Einen Sonderpreis erhielt die „Times Pacayune“, die inmitten der Katastrophe in New Orleans erschien und so den Menschen ein Stück Halt schenkte. Preisträger in der Kategorie „Foto“ ist Jim Gehrz für die Reportagestrecke „Die Soldatin Jessica Clements“. Für sein Lebenswerk zeichnete der Verlag Gruner + Jahr den Publizisten Joachim Fest aus.

Manche fanden, die Premiere des Henri-Nannen-Preises sei besser, ergreifender gewesen. Angesichts vergleichbarer Medienpreise erschien das als Mäkelei auf hohem Niveau. Ausnahmslos ging es beim Henri-Nannen-Preis um Journalisten, die – wie Kundrun es formulierte – „ihr Handwerk wirklich beherrschen“.

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