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Medien: Gegen die Wand

Ein Satz von Hugo Müller-Vogg wird zum Streitfall

Der ehemalige „FAZ“-Herausgeber Hugo Müller-Vogg mag markige Sprüche. Das hat ihm unter anderem eine Kolumnisten-Karriere bei der „Bild“-Zeitung eingebracht. In seinem Buch „Nervöse Zone – Politik und Journalismus in der Berliner Republik“ zitierte der Publizist Lutz Hachmeister Müller-Vogg mit dem Satz „Rechts neben mir ist nur noch die Wand“. Dem promovierten Polit-Profi missfiel dieser Satz – er sei nämlich nie gefallen. Müller-Voggs Anwalt Michael Nesselhauf, der auch für Ex-Kanzler Gerhard Schröder tätig ist, verlangte von Hachmeisters Verlag DVA eine Unterlassungserklärung, die die DVA auch abgab. Die noch nicht ausgelieferten Exemplare der Erstauflage mussten geweißt werden.

Erstmals war das Müller-Vogg´sche Bonmot in dem „taz“-Artikel „Konservativ bis zur Etikette“ vom 22. Februar 2001 aufgetaucht, in dem es um die Abberufung des Journalisten als „FAZ“-Herausgeber ging. Doch erst nachdem Buchautor Hachmeister den Satz aufgriff, forderte Müller-Vogg plötzlich auch von der „taz“ eine Unterlassungserklärung. Darauf wollte sich die Zeitung nicht einlassen, Müller-Vogg klagte vor dem Landgericht Hamburg. Das Gericht wies die Klage nun ab (Aktenzeichen LG HH 324 O 559/07). Der Klageanspruch sei bereits verjährt. Die Hamburger Richter sahen es zudem als erwiesen an, dass Müller-Vogg lange Zeit nichts gegen den über sechs Jahre nach Erscheinen beanstandeten Artikel zu haben schien. „taz“-Anwalt Johannes Eisenberg gab dem Gericht zu Protokoll, dass er nach Erscheinen des Artikels mehrfach mit Müller-Vogg telefoniert und dabei auch über den Artikel und das Zitat gesprochen habe. Müller-Vogg und sein Anwalt haben sich dazu nicht geäußert, was das Gericht als Eingeständnis wertete.

Und doch beharrt Müller-Vogg weiterhin: „Ich habe mich nie so geäußert. Das entspräche nicht meiner politischen Einstellung.“ Im Online-Archiv der „taz“ ist der Artikel nicht eingestellt. Müller-Vogg würde ansonsten dagegen vorgehen, die Verjährung sei dann ja hinfällig. Warum er den Artikel erst mehr als sechs Jahre nach Erscheinen getilgt wissen will, begründet er so: „Wenn ich mich damals gegen alle Artikel gewehrt hätte, die über mich erschienen sind und in denen Unwahrheiten standen, hätte ich viel zu tun gehabt. Nur weil ich nicht gegen den Artikel vorgegangen bin, heißt das nicht, dass er stimmt.“ Anwalt Eisenberg sagt, dass die „taz“ theoretisch gegen Müller-Vogg klagen könne, wenn er weiterhin behaupte, die Veröffentlichung nicht gebilligt zu haben. „Dem Manne geht es vermutlich um eine Imageänderung.“

Die DVA hat aus dem Urteil ihrerseits Konsequenzen gezogen und Post an Anwalt Nesselhauf geschickt. Justiziar Rainer Dresen sagt: „Wenn ich vorher gewusst hätte, dass Herr Müller-Vogg das strittige Zitat schon lange gekannt und sogar bestätigt haben muss, hätte die DVA keine Unterlassungserklärung abgegeben. Darum werden wir die abgegebene Erklärung wegen arglistiger Täuschung anfechten.“ Darüber hinaus überlege man, Schadensersatz zu fordern. So macht ein kleiner Satz eine große juristische Karriere. Christian Meier

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