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Suchen "Germany's Next Topmodel": Die Juroren Thomas Hayo (l.), Heidi Klum und Enrique Badulescu.

© ProSieben

Germany's Next Topmodel: Neid, Tränen und ein Model aus dem Kirchenchor

Unser Fazit der ersten Folge: Die erste Stunde ist furchtbar - die Quote auch. Nur auf Twitter bewegt GNTM die Massen.

Mittwoch, zehn nach zehn in der Medien-Redaktion des Tagesspiegels. Die Kollegen stehen konspirativ zusammen. Ich sage "Guten Morgen", mein Chef sagt: "Wir können ja mal den Max fragen". Irgendwas mit Germany's Next Topmodel.

Zwei Tage später versuche ich die DVBT-Antenne meiner Mitbewohnerin auszurichten, scheitere und ziehe notgedrungen in das Wohnzimmer einer Freundin aus dem zweiten Stock um. Ein weiteres kleines Problem ist Siu Deng, eine Fotografin aus Hong Kong, die zu Besuch ist. Sie spricht kein Wort Deutsch und hat auch generell nicht so Lust auf GNTM, wie bald klar wird. Das Treffen hatte ich ausgemacht, bevor mir klar war, dass ich die Ehre haben würde, die neue Staffel Model-Casting mit Heidi Klum zu kritisieren.

Gleich fällt sicher die Frage: "Bist du auch so aufgeregt wie ich, Thomas?" Aber nein, das kann ja gar nicht mehr passieren, dass ein Thomas den anderen Thomas fragt, ob er aufgeregt sei. Weil der einzig sympathische #GNTM-Darsteller, Thomas Rath, in der mittlerweile achten Staffel nicht mehr mit an Bord ist. Schade - aber dafür haben sich die Macher von "Germanys next Topmodel" andere Neuerungen einfallen lassen. Zum Beispiel holen Heidi und Thomas ein paar der potentiellen Kandidatinnen zu Hause oder in der Schule oder in der Kirche ab, um die frohe Botschaft der Teilnahme zu verkünden. Das ist keine gute Idee, weil die Eingeweihten sehr schlechte Schauspieler sind und die Kandidatinnen sich dann doch größtenteils nicht ganz sicher waren, ob sie sich eigentlich freuen sollen. Außerdem sind die Models dieses Mal alle über 1,76 Meter groß, weil sie sonst nie ein richtiges Model werden können, sagt Thomas Hayo. Und der muss es wissen.

Die erste Stunde ist ziemlich schlimm. Die einzige Möglichkeit, die gestellten Casting-Szenen auszuhalten, ist Twitter. Dafür, dass in Deutschland kaum jemand zugibt, GNTM zu gucken, ist hier unter dem Hashtag #GNTM eine ganze Menge los. Zwischenzeitlich ist die deutsche Sendung sogar auf Platz drei der internationalen "Trending Topics", das heißt nur über zwei Begriffe wurde in dem Netzwerk weltweit mehr geschrieben. Aus den Top Ten verdrängt, hat die Sendung übrigens "Bradley Manning", den Wikileaks-Whistleblower, der seit Jahren in einem amerikanischen Gefängnis schmort. Nicht schlecht.

Nach der besagten schlimmen Stunde, das heißt nach dem zweiten Mal Werbung, ist die Sendung aber wieder im üblichen #GNTM-Flow angekommen. Ein bisschen Neid, ein paar Tränen, ein paar kleine Ungeschicklichkeiten. Die ersten nicht verteilten Fotos. Vielleicht hilft es auch, dass wir Deutschland verlassen haben und in Dubai angekommen sind. Gott sei Dank. Hier lernen wir übrigens den neuen Model-Richter, den Fotografen Enrique Badulescu, kennen. In Folge eins bleibt "der Pirat" aber leider ziemlich farblos.

Siu Deng, meine Freundin aus Hong Kong, findet neben der Sendung an sich und dem billigen Look der Show vor allem die Fotos schlimm. Sie vergleicht sie mit gestellten Hochzeitsfotos: "Es ist auf super elegant gemacht, aber es sieht total fake aus", sagt sie. Mit ihrem Kennerblick findet sie außerdem heraus, dass Heidi Klum das einzige wirkliche Model ist und dass wirklich niemand Thomas Hayo braucht. "Er ist nichts", ist Siu Dengs hartes Urteil über den GNTM-Creative Director. Und ihr fällt auf, dass weder schwarze noch asiatische Mädchen dabei sind. "Aber vielleicht ist es gut, dass die Show-Verantwortlichen ihre Präferenz zeigen", meint sie.  Im Gedächtnis geblieben sind mir nach der ersten Folge nur drei Mädchen.

1. Jacqueline: Jacqueline wurde von Heidi aus dem Kirchenchor geholt. Sie sagt unter anderem: "Ich geh da raus und werde vom Aschenputtel zu ner Prinzessin" und "Wenn Gott mir die Daumen drückt, dann schaff ich das." Ihre Mutter sagt: "Gott, was die aus den Kindern machen, das ist ja ein Wahnsinn" 2. Veronika: Veronika ist da, um zu gewinnen und hat viel Selbstbewusstsein. Sie könnte gebraucht werden, um den ein oder anderen Konflikt zu inszenieren. 3. Sophie: Die Bild-Zeitung wusste vorher schon, dass sie lesbisch ist. Sie ist aber davon überzeugt, trotzdem gut modeln zu können.

Auch ein Großteil der Zielgruppe der 14 bis 49-Jährigen fand den Auftakt von Staffel Acht wenig überzeugend. Während die siebte Staffel im letzten Jahr mit 2,16 Millionen Zuschauern trotz rückläufiger Zahlen noch den Tagessieg holen konnte, überholten diesmal gleich zwei RTL-Produktionen Pro Siebens Laufsteg-Casting. Sowohl "Gute Zeiten Schlechte Zeiten", als auch "Alarm für Cobra 11" konnte die Zielgruppe am Donnerstag mehr überzeugen.

Was allerdings wirklich Spaß machen könnte, ist während der Sendung eine Twitter-Timeline mit dem Suchbegriff #GNTM einzurichten. Wenn man die Show nicht mehr aushält, kann man sich die Zeit mit Zitaten wie diesem vertreiben: @jane_woodcutter:  "meine Schwester schaut ‪#gntm‬ und irgendwie sagt sie die ganze Zeit zum Fernseher 'Boa, he, Halt die Fresse!!!'"

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