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Medien: Glanz oder gar nicht

Ein

von Frederik Hanssen

Neugierig sind die Berliner jedenfalls, sie füllen die Philharmonie und den Kammermusiksaal, sie wollen die Spitzenensembles aus aller Welt hören, die zum neuen „Musikfest Berlin“ eingeladen waren. 22000 Besucher kamen zu den 14 Konzerten seit dem 31.August, das entspricht einer Auslastung von gut 80 Prozent. Beim Abschlusskonzert mit dem New York Philharmonic am Dienstag war der Saal gar bis auf den allerletzten Platz ausverkauft. Lange hat sich Joachim Sartorius, der Chef der Berliner Festspiele, dagegen gesträubt, den Herbst als Jahreszeit der KlassikEvents zu akzeptieren, so wie die Berliner das von den traditionsreichen Festwochen gewohnt waren. Es bedurfte sogar des sanften Drucks seiner Geldgeberin, Kulturstaatsministerin Christina Weiss, die sich nach dem Publikumserfolg nun bestätigt fühlen darf.

Recht zwiespältig fällt dagegen das künstlerische Resümee des Festivals aus: Was lauwarm mit Beethovens „Neunter“ unter Kurt Masur begann, endete unterkühlt mit Mahlers „Fünfter“: Lorin Maazel beschränkt sich ganz aufs souveräne Koordinieren der Klangmassen, die New Yorker spielen hochprofessionell, im Adagietto sogar blütenzart – aber unter die Haut geht dieser Abend nicht. Es dürfte übrigens die letzte Gelegenheit gewesen sein, Masur und Maazel in der Stadt zu erleben, denn die potenziellen Partner vor Ort, die Berliner Philharmoniker, sind längst an den ästhetischen Idealen der beiden Altmeister vorbeigezogen, haben sich rasant weiterentwickelt, sind ein junges Ensemble der heißen Herzen geworden, wie die konzertante „Jenufa“-Aufführung unter Simon Rattle beim Musikfest eindrücklich bewies.

Überhaupt: Die Hauptstadtorchester, auch Marek Janowskis RSB und Barenboims Staatskapelle, schnitten im direkten Vergleich mit den Gästen durchweg erstklassig ab. Tu felix Berolina, hier spielt die Musik! Für die zweite Edition des Musikfests verspricht Festspiel-Intendant Sartorius allerdings eine deutliche Qualitätssteigerung: Im September 2006 wird er mit dem Mahler Chamber Orchestra eine der aufregendsten Formationen der Klassikszene überhaupt aufbieten, dazu das Cleveland Orchestra mit seinem jungen Chef Franz Welser-Möst sowie erneut das Amsterdamer Concertgebouworkest, das einzige Ensemble, das den Berliner Philharmonikern derzeit in Sachen stilistischer Flexibilität das Wasser reichen kann.

Dann werden hellhörig neue Klangproben genommen. Jetzt aber sind die Gäste erst einmal abgereist, und das wahre Berliner Musikfest 2005 kann beginnen: ein permanentes Konzert, intoniert von den großen, großartigen Ensembles dieser Stadt – und zwar nonstop bis zum 31.Dezember.

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