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Medien: Glückliches Österreich

Eine Karriere in der Politik und zugleich Medienstar im Fernsehen? Das ist in anderen Ländern weniger problematisch

Nun also doch: Peter Sodann hat sich für seine Karriere als TV-Kommissar entschieden. Er wird am 23. August die Dreharbeiten für den nächsten MDR- „Tatort“ aufnehmen. Abgeordneter oder Schauspieler – Sodanns Haussender hatte den beliebten TV-Kommissar vor die Wahl gestellt, nachdem Sodann am Montag bekannt gegeben hatte, dass er für die Linkspartei als Bundestagskandidat antreten wolle. Am Mittwoch dann Sodanns Rückzieher. Schauspieler, TV-Star und aktiver Politiker – muss sich das eigentlich immer ausschließen?

Nicht unbedingt. In Österreich trifft man die Kombination häufig an. Der Schauspieler Herbert Fux führte im Oktober 1982 eine Bürgerliste der Grünen in Salzburg an. Fux brachte der neuen Liste sieben Mandate im Stadtrat. Vier Jahre später zog er als Abgeordneter für die „Grüne Alternative“ in den Nationalrat ein. Gleichzeitig nutzte er seine Ferien, um Filme zu drehen. „Leider war ich achtzig Prozent meiner Zeit in der Politik in Österreich beruflich gesperrt“, sagt der 78-Jährige. Jedoch nicht offiziell. Eine klare rechtliche Regelung gibt es in Österreich für solche Fälle nicht. „Ich bekam von österreichischen Sendern einfach keine Angebote mehr.“

Seine künstlerische Karriere war damit aber nicht vorbei. Fux konnte in Italien und Deutschland als Schauspieler arbeiten. Nachdem er nach vier Jahren aus dem Nationalrat ausgeschieden war, bekam er wieder Angebote aus Österreich. Später folgte seine Zeit als TV-Gendarm Michael Fuchs in der Serie „Stockinger“, die vom ORF produziert wurde. Im Gegensatz zu Deutschland hatten Österreicher kein Problem damit, sein Image als Politiker von dem des TV-Gendarmen zu trennen. „Egal ob Schauspieler oder Moderator – sie müssen nur darauf achten, ihre Termine gut im Blick zu haben“, sagt Johannes Greifeneder, Sprecher der Stadt Salzburg, wo Herbert Fux bis 1997 im Stadtrat saß. „Abgeordnete im Stadtrat oder im Nationalrat können immer auch nebenbei ihren Beruf ausüben.“ Herbert Fux habe jedoch aus seiner TV-Popularität keine großen politischen Vorteile gezogen.

Neben Fux gibt es in Österreich zahlreiche Beispiele für Medienstars im Parlament. Ursula Stenzel arbeitete 30 Jahre beim ORF, moderierte die Sendung „Zeit im Bild“ („ZIB“). Jetzt sitzt sie für die Österreichische Volkspartei im EU-Parlament. Ein zweiter „ZIB“-Moderator, der den Weg in die Politik fand, ist Josef Broukal. Dreimal wurde er von Zuschauern zum beliebtesten Moderator gewählt, zuletzt 2002. In jenem Jahr zog er für die SPÖ in den Nationalrat ein. Seitdem ruhte seine Beschäftigung für den ORF. Im Jahr darauf wurde er jedoch Moderator eines Wissenschaftsmagazin beim Privatsender ATV Plus. „Als Nachrichtensprecher hätten wir ihn nicht eingestellt“, sagt ATV-Plus-Sprecherin Alexandra Damms, „bei einer Wissenschaftssendung sahen wir keine Probleme“. Prominentester Vertreter der Medien in der Politik ist Franz Morak, Kulturstaatssekretär Österreichs. Zuvor war er ein bekannter Schauspieler am Burgtheater und Regisseur des Films „Sibirien“.

In einigen Ländern haben es Schauspieler gar auf den Präsidentensitz geschafft: So wurde Joseph Estrada 1998 für drei Jahre Präsident der Philippinen. Abel Pacheco ist seit 2002 Präsident von Costa Rica. In den USA ist diese Praxis seit Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger (Gouverneur von Kalifornien seit 2003) keine Besonderheit. Schwarzeneggers Filme wurden während des Wahlkampfes nicht im Fernsehen gezeigt. Als er gewählt war, kehrten „Conan“ und „Terminator“ auf den Bildschirm zurück. Das wäre bei Peter Sodann nicht möglich gewesen. Er hätte nicht mehr weiter beim MDR beschäftigt werden können, wäre er Abgeordneter geworden. Kollegen wie „Tatort“-Kommissar Jochen Senf fragen sich, was dagegen spräche, „wenn Schauspieler ein Mandat übernehmen“. Uschi Glas mutmaßt, dass Sodann unter Druck gesetzt wurde, seine Kandidatur zurückzuziehen.

Die PDS-Fraktion verlangt jetzt von der sächsischen Staatsregierung sogar eine Stellungnahme und weitere Aufklärung zum Vorgehen des MDR nach Bekanntgabe der Bundestagskandidatur von Peter Sodann. Ein entsprechender Antrag ist am Freitag in den Landtag eingebracht worden. Dazu erklärt der rechtspolitische Sprecher der PDS-Fraktion, Klaus Bartl: „Wir wollen wissen, ob die Staatsregierung im Vorgehen des öffentlich-rechtlichen Senders eine Verletzung der Artikels 48, Absatz 2 des Grundgesetzes sieht, der besagt: ,Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen oder auszuüben.’“

Die PDS-Fraktion verlangt von der Staatsregierung Auskunft darüber, ob und in welcher Weise sie gegenüber dem MDR Einfluss auf das Verhalten des Senders im Zusammenhang mit der angekündigten Bundestagskandidatur von Peter Sodann genommen habe. „Wir haben jedenfalls keinen Druck auf Peter Sodann ausgeübt. Offenbar hat er zu spät über die Konsequenzen nachgedacht. Unsere Regeln sind bekannt“, sagt MDR-Sprecherin Birthe Gogarten. Würden andere öffentlich-rechtliche Sender ähnlich handeln? Auf hypothetische Frage werde nicht geantwortet, so eine WDR-Sprecherin. Sabine Postel sollte sich jedenfalls überlegen, ob sie in die Politik geht. Dann könne die Schauspielerin keine „Tatort“-Kommissarin mehr sein, so Michael Glöckner, Sprecher von Radio Bremen.

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