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Am Samstag ist Finale für die Juroren der RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar": Heino (von links nach rechts). DJ Antoine, Mandy Capristound Dieter Bohlen.

© dpa

"GNTM" und "DSDS": Einfachste Lösung: Abschalten

Auch ganz dummes, schlechtes, menschenverachtendes Fernsehen kann vom Zuschauer ganz einfach bekämpft, auf jeden Fall ignoriert werden - mit der Fernbedienung

Am Dienstag lautete die gute Nachricht, dass die Castingshow „American Idol“ nach 16 Jahren eingestellt wird. „American Idol“ ist ein Ableger der Castingshow „Pop Idol“, die 2001 erstmals in Großbritannien lief – „Deutschland sucht den Superstar“ (DSDS) ist im Übrigen auch keine Erfindung von Herrdieterbohlen, sondern orientiert sich detailgetreu am britischen Original, erdacht und erfunden von Simon Fuller (Fuller war mal Manager der Spice Girls und ist heute der Manager von David und Victoria Beckham).

„American Idol“ war mal in den USA irre erfolgreich – 30 Millionen Menschen wollten die Show zeitweise sehen, aber von dieser Quote ist man mittlerweile sehr weit entfernt. Und wenn man nicht aus qualitativen Gründen die richtigen Schlüsse zieht, sondern aus quantitativen, dann darf man sich trotzdem über das Ergebnis freuen. In Deutschland wollten einmal 12,8 Millionen Menschen das Finale von "DSDS" sehen. Das ist 12 Jahre her. Am vergangenen Wochenende wollten mehr Menschen in der so genannten werberelevanten Zielgruppe „Galileo Big Picture“ auf Pro 7 schauen als DSDS auf RTL. Trotzdem scheint man bei RTL an "DSDS" festzuhalten, wahrscheinlich rechnet sich die Sendung noch.

Am Donnerstag sollte eigentlich das Finale der diesjährigen Staffel von „Germany’s next Topmodel“ (GNTM) laufen, aber um viertel vor 10 zeigte Pro 7 plötzlich den Film „Blind Side “ und blendete die Information ein, dass man wegen einer „technischen Störung“ nicht weiter das Finale senden könne. Daraufhin wurde es in den sozialen Netzwerken unübersichtlich: Die technische Störung – das konnte man sofort auf Twitter nachlesen –, sei eine Bombendrohung, Twitter-Nutzer berichteten, dass zunächst die Jury aus der Halle evakuiert worden sei, während das Publikum noch sitzen bleiben musste. Allerdings lag nach Polizeiangaben gar keine Bombendrohung vor – Pro 7 hingegen sprach eine Stunde nach dem Abbruch auch von einer Bombendrohung und teilte mit, dass man das Finale nicht mehr fortsetzen würde. Daraufhin meldete die Polizei Mannheim dann doch, dass eine anonyme Bombendrohung vorgelegen habe. Am Freitagmorgen war dann von einem Mann mit „Prinz Eisenherz Frisur“ zu lesen, der Klum bedroht habe, von einer Frau, die beim Sender angerufen und mit einer Bombe gedroht habe, und auch noch andere Details wurden berichtet.

"GNTM" soll Essstörungen verstärken

Ich habe keine einzige Folge gesehen. Das liegt nicht daran, dass ich mich diesem Format aus Prinzip verweigern würde oder generell etwas anderes zu tun gehabt hätte, als die Show lief. "GNTM" ist mir schlichtweg egal. Und wenn einem etwas egal ist, dann fällt es einem auch schwer, sich darüber aufzuregen. So weit ich mich erinnere, ist "GNTM" ganz schlechtes Fernsehen ("DSDS" ist natürlich auch ganz schlechtes Fernsehen), außerdem noch relativ erfolgloses Fernsehen (am vergangenen Sonntag schauten zwei Millionen zu). Trotzdem scheint es die Menschen wütend zu machen: Der Psychiater Manfred Lütz sagte vergangene Woche der „Bild“-Zeitung: „Germany’s Next Topmodel nimmt eiskalt den Tod junger Mädchen in Kauf.“ Lütz bezog sich dabei auf eine Studie des Internationalen Zentralinstituts für Jugend- und Bildungsfernsehen, das 241 Patienten mit Essstörung gefragt hat, welchen Einfluss "GNTM" auf ihre Krankheit habe. Dass "GNTM" Essstörungen verstärken könne, meinten demnach 85 Prozent der Befragten. Natürlich steht damit noch nicht fest, dass "GNTM" tatsächlich mitverantwortlich ist für Essstörungen – wahrscheinlich wird man weder das, noch das Gegenteil stichhaltig belegen können. Aber immerhin gab es von Pro 7 daraufhin eine seltsame Stellungnahme und Lütz bekam einen Anruf von Heidi Klums Vater, der sehr gerne die Teenager-Töchter des Psychiaters in die Show einladen wollte. Als Lütz die Einladung ausschlug, bekam er eine Unterlassungserklärung per Post. Und jetzt bekam die Show eine Bombendrohung.

Auch ganz schlechtes, dummes, zynisches, menschenverachtendes Fernsehen ist immer noch: Fernsehen. Nicht weniger – aber eben auch nicht mehr. Und wenn man etwas im Fernsehen nicht erträgt, dann gibt es etwas, das ist lauter und effektiver als jede Bombendrohung; etwas, vor dem die Sender panische Angst haben; etwas, über das nicht berichtet wird, wenn man es benutzt; etwas, das nicht zur Mythen- und Legendenbildung taugt. Es ist klein und rechteckig und nennt sich Fernbedienung.

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