zum Hauptinhalt

Medien: Groß bleibt klein

Zäher Start von „Circus Halligalli“, der neuen alten Spaßshow von Joko mit seinem Klaas.

„Halligalli“? Dafür war der Auftakt zu zäh. Die Studiogags gerade noch solide, im ersten Einspielfilm machten sich Joko und Klaas als permanente „Ja-Sager“ zu Narren beim Rosenmontag in Köln und den ganzen Karneval zur Idiotie. Charles Schulzkowski wollte eine Berlinale-Party aufmischen. Das ist total durch, das war zuletzt zuzeiten des jungen Hape Kerkeling lustig. Aber dann kam ein ganz großer Moment. Klaas Heufer-Umlauf hörte es an der Studioseitentür klopfen. Er sprang raus und in eine Schwarz-Weiß-Szenerie hinein. Er stellte sich neben einen, der aussah wie ein Oliver Pocher, der fror. Klaas sagte: „Du kommst nicht rein in die Show, du bist zu klein.“ Später hat Joko das noch mal wiederholt. Pocher blieb stumm und draußen vor der Tür. In den „Circus Halligalli“ kommt nicht jeder rein. So wird Anspruch manifestiert.

Helge Schneider war auch da, am Montagabend in der Premiere von „Circus Halligalli“. Schneider ist Minimalist in seiner kabarettistischen Kunst. Tut wenig, sagt wenig. Guckt dort, wo andere eine Frisur haben, frech hervor. Manche halten den Herrn Schneider für ein Genie. Tatsächlich hat er den Charme eines Seehundes und die Ruhe einer Nacktmulle. Die Schneider’sche Selbstgewissheit tat gut in der „Halligalli“-Angestrengtheit.

Sido war auch zum Start der Pro-Sieben-Show geladen. Als der noch der Rapper aus Berlins Märkischem Viertel war, war er in seiner „Scheißfotzedummfick“-Attitüde zwar keine Bereicherung unter den Medienhuren, aber er garantierte Aufregung. Gone. Jetzt rappt Sido von Bildern in seinem Kopf. Störte nicht weiter, Cro, der Panda-Masken-Mann, sang zwischendurch und stets sehr gefühlvoll, das wird dem weiblichen Publikum sehr gut gefallen haben. Joko & Klaas hatten großes Fernsehen angekündigt. Sie haben klein angefangen.

Die Premiere war überdeutlich auf Nummer sicher gestrickt. In einer „Best of“-Schleife aus „neoParadise“ traten im angedeuteten Untergeschoss eines Hotels (oder sonst wo) auch auf: Palina Rojinski, die Sido auf manieriert feuilletonistische Weise ankündigte. Oma Violetta schrie und krakeelte im Piccolo-Kostüm.

Klaas Heufer-Umlauf, 29, und Joko Winterscheidt, 34, sind nun schon alte Hasen im TV-Gewerbe. Sie wissen, was von der Showtruppe des Privatfernsehen erwartet wird, sie akzeptieren, dass der Affe Zucker liefern muss. Also wird gelästert, parodiert und decouvriert – so ein Zirkusrund erlaubt jeden Ausritt, jeden Fehltritt. Natürlich ist da Kalkül, ja Routine drin. Trotzdem, anders als bei einem längst inventarisierten Stefan Raab, blitzt hier ein Spieltrieb auf, der ins Risiko geht. Es schadet auch nichts, wenn das angezielte Publikum um 22 Uhr 15 jede Sinnfrage unterdrückt und in den U-Modus wechselt. „Circus Halligalli“ bietet null Antworten auf die kleineren und größeren Herausforderungen. Aber was bot der „Kessel Buntes“, was ändert es an den Zeitläuften, wenn dem Zirkuselefanten der Kopfstand mit rasendem Applaus gedankt wird? Die Abwesenheit von Sinn kann immer noch eine Menge Nonsens garantieren. „Circus Halligalli“ flirrt in seiner Welt. Vielleicht wird eine Glanznummer draus.

Die ARD hat Ernie & Bert in der „Sesamstraße“, Pro Sieben hat Joko & Klaas im „Circus Halligalli“. Erstes ist Erwachsenenfernsehen für Kinder, zweites Kinderfernsehen für Erwachsene. So ist der Fernsehhimmel ein weiteres Mal geteilt. Irgendwelche Beschwerden?

Zur Startseite