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TV-Moderator Günther Jauch

© dpa/Paul Zinken

"Günther Jauch" zum Ukraine-Konflikt: Gegen geschmeidige Diplomaten kommt Jauch nicht an

Wer Diplomaten einlädt, kann kaum großen Erkenntnisgewinn erwarten. Die Botschafter Russlands und der Ukraine lieferten bei "Günther Jauch" bekannte und langweilige Phrasen zum Ukraine-Krieg. Da halfen auch ungewohnte Bemühungen des Gastgebers nicht.

21:45 Uhr – Ende "Tatort". Beginn "Günther Jauch". Vorstellung der Gäste. Wladimir M. Grinin, russischer Botschafter und Andrij Melnyk, ukrainischer Botschafter in Deutschland. Dann Vorstellung des Themas. Von Jauch aufgedonnert und dramatisch verbalisiert : „Sie (die beiden Botschafter) ihre Staaten, ihre Präsidenten stehen für den derzeit vielleicht weltweit gefährlichsten Konflikt. Es geht nach vielen Jahren wieder einmal um die existenzielle Frage von Krieg und Frieden mitten in Europa. Gerade mal zwei Flugstunden von hier entfernt.“

Dann wie ein Coitus interruptus, die Schalte zu "Tagesthemen extra". Es gibt die schon lange bekannten Wahlergebnisse von Hamburg. Und ein aussageschwaches Frage-Antwort-Spiel zwischen Caren Miosga und dem Ersten Bürgermeister von Hamburg, Olaf Scholz.

Banales zu Beginn

Sechs Minuten und acht Sekunden später, jetzt geht’s richtig los. Noch einmal Gästevorstellung. Immerhin wird jetzt auch Norbert Röttgen namentlich erwähnt. Ein Politiktalk,  zwei Diplomaten, ein Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und ein eher ausgleichender, nicht auf Streit gebürsteter Moderator. Hört sich nach weichgespülter Plauderstunde an. Nix hochexplosiv. Nix angriffslustig. Nix adrenalinträchtig.

Jauch bestätigt die trüben Aussichten mit Banalem am Anfang. Wird nach 23 Stunden Waffenstillstand in der Ukraine noch geschossen oder nicht? Melnyk antwortet, wie er es als Diplomat gelernt hat. Er sagt nichts. Aber das mit verdammt viel Worten. Auch die nächste Frage, warum die Waffenruhe nicht sofort am Tag der Verhandlungen, also am Mittwoch beschlossen wurde und wem das nützen könnte, geht ins Leere. Botschafter Grinin kann oder will sie nicht konkret beantworten.

Ganz ungewohnt: Jauch lässt nicht locker

Erst Röttgen spricht Tacheles. Beide Seiten hätten auf die verspätete Waffenruhe gedrungen, um ihre taktisch-militärische Situation zu verbessern. Leider geht das immer so weiter. Fragen an die Botschafter werden zwar blumig im Ausdruck, aber schal und flach im Inhalt beantwortet. Ob Russland endlich die Waffenlieferungen an die Separatisten einstellt? Die Antwort, eine Nicht-Antwort. Nur Amerikaner würden von Waffenlieferungen sprechen und es gebe ohnehin keine Beweise für gar nichts.

Jetzt packt Jauch die journalistische Ehre. Ganz ungewohnt lässt er die die Waffenlieferungen nicht im Talk-Keller unbeantworteter Fragen vergammeln. Er bleibt dran: „Die Waffen sind ja da. Wo kommen die denn her? Die fallen ja nicht vom Himmel?“ Die Antwort vom russischen Botschafter, eine intellektuelle Bankrotterklärung: „Die Waffen kann man überall finden.“

Fade Diplomatensprache

Spätestens hier zeigt sich das Grunddilemma der Sendung. Von Diplomaten kann man schon von Berufs wegen kaum ehrliche Antworten erwarten. Es wird laviert. Drumherum formuliert. Und auch die dritte oder vierte Nachfrage bringt keinen neuen Erkenntnisgewinn. Für Melnyk ist Russland der Bösewicht. Für Grinin ist die Ukraine an allem Schuld.

Warum werden Diplomaten eingeladen? Hatte sonst keiner Zeit? Jauch bemüht sich. Aber wo kein Wille ist, was Konkretes zu sagen, geht jede Mühe ins Leere. Gott sei Dank hat er wenigstens Norbert Röttgen an seiner Seite. Röttgen, sicher kein Freund effektvoller Kurzaussagen. Aber seine Antworten ertrinken nicht in einem See aalglatter und geschmeidiger Null-Kommunikation. Für ihn hat Putin noch nicht gesiegt, obwohl Europa und Amerika in der Wahl der Mittel und möglicher Waffenlieferungen an die Ukraine gelinde gesagt uneins sind. So kriegerisch der Ukraine-Konflikt, so harmlos, friedvoll und harmonisch dieser Sonntags-Talk. Umgekehrt wäre es besser.

Ralf Streber

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