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Talk-Master Frank Plasberg.

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"Hart aber fair" vor Hoeneß-Haftantritt: Das Innenleben der Knäste

Gefängnisse sind immer eine Art Endstation, für die Weggesperrten wie für die, die wegsperren. Auch Frank Plasbergs Diskussion zu Gefängnisstrafen kurz vor dem Haftantritt des früheren FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß war eher eine Sackgasse.

Selten mal interessiert sich Deutschland für das Innenleben seiner Knäste. Der erwartete Strafantritt von Uli Hoeneß schafft nun eine kurze Spanne Aufmerksamkeit für eine Welt, in der Zeit keine Rolle spielt. Sie wird abgesessen. Frank Plasbergs Talkrunde versucht erst gar nicht, eine neue Perspektive auf das alte Thema zu entwickeln. Gut so, denn es gibt sie nicht. Das Gefängnis ist immer eine Art Endstation, für die Weggesperrten wie für die, die wegsperren. Strafe muss sein. Viel mehr ist den Gelehrten dazu in den letzten Jahrhunderten nicht eingefallen.

Reue gibt es kaum

Also wird das Problem in kleinen Geschichten erzählt, vor allem der von Dieter Gurkasch, der 25 Jahre absaß, erst ein Raubmord, später eine Schießerei. Dann Yoga und Selbsterkenntnis. Eine seltene Geschichte, die mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet. Eine friedliche Gesellschaft ist von Gewaltverbrechern nun mal ebenso abgestoßen wie fasziniert. Die Reue, von der alle gern hätten, dass Inhaftierte sie fühlen - es gibt sie kaum, auch bei Gurkasch darf man Zweifel haben. Nun wird man seine unprüfbare Selbstauskunft als Teil gelungener Resozialisierung sehen müssen. Ein mulmiges Gefühl bleibt dabei. Jeder kann sich ändern, hat das Recht, nach der Sühne neu zu beginnen. Dennoch gibt es für Mord kein Vergessen. Schon gar nicht vor Publikum.

Bleibende Schäden, vorübergehende Strafe

Ein Berliner Staatsanwalt stimmt das berufsübliche Lamento über milde Richter an, ein Gefängnisarzt steuert Analysen über das Schicksal bei, fremdbestimmt zu werden. Eine Mutter berichtet von anderthalb Jahren für den Vater ihres Sohnes, der den Jungen misshandelte. Bleibende Schäden. Bewährung für ihn, Lebenslang für das Kind.

Strafe ist eine individuelle Veranstaltung

Klassisch intendierte Empörung, wobei im Einzelnen nicht einmal zu erfahren ist, weshalb eigentlich gestraft worden ist. Eine Umfrage aus der Krefelder Innenstadt schließlich führt noch weiter ins Abseits jeder Strafdebatte, dem Bedürfnis, über andere stets härter zu richten als über sich selbst. Warum sind fünf Jahre Haft manchmal nur drei Jahre Haft? Ein Skandal? Strafe ist eine höchst individuelle Veranstaltung, die mit dem Urteil nur einen Rahmen bekommt. Man hätte es erklären können. Doch lieber zeigt man Leute, die es auch nicht näher wissen, und steigert damit die allgemeine Ratlosigkeit. Für Aufklärung gibt es ja Dokus.

Nachdenklich, sagt Frank Plasberg, sei das Gespräch gewesen. Und noch einmal, weil es wohl eher selten ist: nachdenklich. Tatsächlich mag es so aber nur für jene sein, die sich mit dem Fall Uli Hoeneß erstmals ein Bild von Gefängnissen und ihren Insassen machen dürften. Ansonsten verflog die Zeit. Wie im Knast.

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