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Plasberg

© WDR

''Hart aber fair'': Wer provoziert, verliert

"Hart aber fair" und Frank Plasberg gehen als große Gewinner in die Sommerpause – sind es aber nicht. Denn eigentlich ist die Sendung eine Stammtischrunde – nur schlimmer.

Vielleicht kann man sich vorab auf Folgendes einigen: Nichts ist so langweilig wie ein Tabubruch, denn die Mechanismen sind bekannt, die Folgen erwartbar. Einer sagt oder tut etwas, ein anderer regt sich furchtbar auf, und am Ende ist angeblich die Öffentlichkeit empört. Wenn es ganz schlecht läuft, wird das dann im Fernsehen verhandelt, im schlimmsten Fall bei „Hart aber fair“, so wie am Mittwochabend, als das Thema der Sendung Sterbehilfe war.

Die Boulevardmedien waren in den vergangenen Wochen schwer entrüstet, weil der ehemalige Hamburger Justizsenator Roger Kusch einer 79-Jährigen beim Sterben half. Er filmte den Vorgang, er zeigte diesen Film. Kusch ist Chef der „Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e.V.“, und er war einer der Gäste, und er machte wie alle in dem Ensemble keine gute Figur.

Das lag vor allem daran, dass das Thema endlich entlarvte, dass „Hart aber fair“ nicht die großartige Talkshow-Innovation ist, die alle darin sehen wollen, sondern im Gegenteil eine Stammtischrunde – nur schlimmer. Geredet wird so lange, bis es knallt. Und wenn die Gäste nicht wollen, dass es knallt, dann kommt Frank Plasberg, der Moderator, und hetzt sie aufeinander los. Das Provozieren ist Plasbergs Handwerk, seine Moderationstechnik, das kann er gut. Zurück zur Sendung. Am Anfang war „Würde“ das zentrale Wort. Alle forderten es ein. Jene, die für die Sterbehilfe waren, auch die Gegner. Wegen der Sensibilität des Themas war die Sendung am Anfang fast bedächtig, als Zuschauer hörte man die Klimaanlage im Studio. Die Gäste redeten leise, langsam. Das ertrug der Gastgeber nicht, dessen flapsige Arroganz nicht zum Thema passte. Einem Gast fiel er in den Satz: „Machen Sie doch da mal ’nen Punkt.“ Und als die bayerische Justizsenatorin Merk sagte, dass es ja noch andere Möglichkeiten des würdevollen Sterbens geben würde, da sagte Plasberg allen Ernstes: „Sie werden gleich noch eine kennenlernen.“ Nach zwanzig Minuten war die Würde vergessen, und die Sendung verlief wie immer, leider. Merk nennt Kusch und den Arzt Uwe Carsten Arnold „Quacksalber des Todes“, Kusch beleidigt die niedersächsische Landesbischöfin Margot Käßmann. Plasberg zeigt einen schlecht recherchierten Beitrag über Kusch, woraufhin Arnold laut wird und eine „Hinrichtung“ von Kusch vermutet. Man könne eben nur etwas mit Provokation erreichen.

Und da hatte der Arzt leider recht. Die kluge, stille Käßmann, die in eine Talkshow kam, um zu reden, passte nicht rein in diese letzte „Hart aber fair“-Sendung vor der Sommerpause. Fast ein Jahr läuft das Talk-Format jetzt bei der ARD. Es funktioniert. Die Quoten sind gut, am Mittwoch wieder 3,12 Millionen Zuschauer, 13,7 Prozent Marktanteile. Es gibt durchweg Lob. Dabei offenbarte die Sendung vom Mittwoch, dass Plasberg vor lauter Selbstüberschätzung das Leiten einer Gesprächsrunde für nebensächlich hält, und dass Gespräche, die zu einem Erkenntnisgewinn für den Zuschauer führen könnten, nicht stattfinden. Sendung und Moderator provozieren auf populistische Art und Weise, so dass „Hart aber fair“ in Wirklichkeit ein Boulevardmagazin ist.

Auch für das Fernsehen sollte gelten, was im Leben gilt: Wer provoziert, verliert. Leider geht „Hart aber fair“ als großer Gewinner in die Sommerpause.

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