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HDTV: Startschuss zum Hindernislauf

Zur Leichtathletik-WM in Berlin starten ARD und ZDF den Probelauf für HD-Fernsehen. Für den Zuschauer stellt sich die Frage: Dabeisein oder besser Abwarten?

Jenseits des Fernsehprogramms hat die TV-Zukunft längst begonnen. Flachbildfernseher ohne „HD ready“-Logo oder gar „Full HD“ könnte der Handel gar nicht mehr verkaufen. Das beste Verkaufsargument für die LCD- und Plasmabildschirme sind ohnehin gestochen scharfe Landschaftsaufnahmen oder sportliche Höchstleistungen in High Definition – die es zur Leichtathletik-WM vom 15. bis zum 23. August in Berlin auch im Free-TV bei ARD und ZDF zu sehen geben wird. Allerdings nur mit geeigneten Empfangsgeräten, denn ab Werk empfängt kaum ein Fernseher HD. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum der HD-Start zum Hindernislauf werden könnte.

Die wichtigste Botschaft für das Fernsehpublikum ist: Die Ausstrahlung der Leichtathletik-WM in HD ist nur der Startschuss für den öffentlich-rechtlichen Probelauf. Das Motto „Dabei sein ist alles“ gilt erst, wenn ARD und ZDF mit den Olympischen Winterspielen 2010 den HDTV-Regelbetrieb aufnehmen. Aber es gibt noch eine zweite wichtige Botschaft: HD-Fernsehen ist ein Simulcast-Angebot, es wird parallel zum Standard-Definition-Format (SD) ausgestrahlt. Von den Empfangswegen am besten auf HD eingestimmt ist derzeit der Satellit, die Kabelgesellschaften hinken hinterher, weil deren Kunden noch stark am analogen Empfang hängen. Eine HD-Ausstrahlung über das digitale Antennenfernsehen DVB-T ist nicht in Sicht. Neu hinzugekommen ist das Internetfernsehen IPTV von T-Home, das ebenfalls High Definition erlaubt.

Ein HD-fähiger Flachbildfernseher steht inzwischen in fast jedem dritten deutschen Haushalt, doch nur zwei Prozent der Haushalte besitzen ein Empfangsgerät für HDTV, wie der IT-Branchenverband Bitkom herausfand. Je nach Übertragungsart wird entweder ein HDTV-Receiver für den Kabel- oder den Sat-Empfang benötigt. Dies war auch das Ergebnis einer Marktuntersuchung von Stiftung Warentest („test“ 08/2009). Nur drei der 17 geprüften Geräte konnten die digitalen HD-Signale via Satellit empfangen.

Bei den Pay-TV-Angeboten haben es die Kunden des Internetfernsehanbieters T-Home am einfachsten, da deren Settop-Boxen von vornherein HDTV-fähig waren. Beim Abosender Sky (ehemals Premiere) hängt es vom Alter des Decoders ab, da zum Beispiel die alten d-Boxen nicht für das hochauflösende Fernsehen ausgelegt waren.

Auch für die Privatsender steht HDTV auf dem Programm. Im Juni gab die RTL-Gruppe bekannt, dass RTL und Vox ab Herbst über das Satelliten-Angebot HD+ von Astra zusätzlich im HD-Format ausgestrahlt werden. Auch die Privatsender Sat1, Pro Sieben und Kabel 1 wollen ihre Programme vom nächsten Jahr an in hochauflösender Bildqualität über HD+ bei Astra ausstrahlen.

Während ARD und ZDF ihr Programm unverschlüsselt einspeisen, haben die Programme der Privatsender eine Grundverschlüsselung. Astra übernimmt die Vermarktung der für den Empfang der verschlüsselten Programme notwendigen Smart Cards. Der Preis für den Empfang der Privatsender über HD+ soll im ersten Jahr mit dem Kauf des Receivers abgegolten sein, gab ein Astra-Sprecher bekannt. Danach werde ein Entgelt erhoben, dessen Höhe noch nicht bekannt ist – der Zuschauer sollte somit vorerst abwarten.

Der HDTV-Schaulauf zur Leichtathletik-WM dürfte ohnehin für die wenigsten Zuschauer der richtige Zeitpunkt für den Einstieg in die hochauflösende Zukunft sein. Auch nach den Neuheiten der Internationalen Funkausstellung Anfang September in Berlin dürften noch viele Fragen bleiben. Denn bei allen offensichtlichen Vorteilen der neuen Techniken wird erneut ein Kampf der Formate auf dem Rücken der Verbraucher ausgetragen.

ARD und ZDF übertragen „nur“ 720 statt 1080 Zeilen, dafür aber in Voll- statt Halbbildern. Das schont Übertragungskapazitäten und verhindert bei Sportaufnahmen die unangenehmen Bewegungsstreifen. Ärgerlich nur, dass einige Kabelprogramme und Pay-TV-Angebote in Full-HD ausgestrahlt werden und es keine automatische Formatumstellung gibt.

Noch ärgerlicher wird nach Meinung einiger Experten aber womöglich die Verschlüsselungsfrage bei den Privatsendern und im Pay-TV, da dort mit unterschiedlichen Techniken und Karten gearbeitet wird. So kann es sein, dass man für das komplette HD-Angebot nicht nur einen, sondern gleich drei Decoder benötigt.

An vielen Zuschauern geht der HD-Startschuss indes komplett vorbei. Denn egal, wie gut der alte Röhrenfernseher noch ist, in puncto HDTV schaut man mit ihm immer in die Röhre.

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