zum Hauptinhalt

Medien: Herr der Fliegen

Der Mikrobiologe Buchheim hat im Auftrag des Militärs Fliegen genmanipuliert, die wie bösartige Raketen durch ihr gläsernes Gefängnis im Labor donnern. Plötzlich dämmert dem naiven Wissenschaftler, dass er eine biologische Waffe herstellt, deren Auswirkungen unabsehbar sind.

Der Mikrobiologe Buchheim hat im Auftrag des Militärs Fliegen genmanipuliert, die wie bösartige Raketen durch ihr gläsernes Gefängnis im Labor donnern. Plötzlich dämmert dem naiven Wissenschaftler, dass er eine biologische Waffe herstellt, deren Auswirkungen unabsehbar sind. Er fühlt sich in einer Falle, die – und das ist das Schlimmste für ihn – er sich selbst gestellt hat. Und tatsächlich umgeben ihn bereits auf Schritt und Tritt unsichtbar die technisch hochgerüsteten Spione vom militärischen Abschirmdienst MAD.

Dem Professor gelingt es, ihnen zu entwischen und unterzutauchen. In einer wilden Verfolgungsjagd zieht Hartmut Schoen alle Register des Genres und garniert sie mit kleinen Slapstick-Szenen von herzzerreißend komischer Melodramatik. Der raffinierteste Trick des Regisseurs ist die Besetzung der Hauptfigur Buchheim mit Hans-Michael Rehberg. Der wirkt so kraftlos, wehleidig, trottelig, dass er kaum zur Identifikationsfigur taugt und doch als sonderbarer Nicht-Held Mitleid weckt – und Fragen verkörpert nach dem Verhältnis von wissenschaftlicher Leidenschaft und Verantwortung, politischer Klarsicht und Moral.

Sein Gegenspieler Henry Hübchen als egomanischer MAD-Gruppenleiter schillert ebenso zwischen unkontrollierten Aggressionen, gewaltigem Ehrgeiz, fragloser Dienstauffassung und zarter Liebe zu seiner todkranken Mutter.

Das zweite Zentrum der Geschichte (für die Hartmut Schoen auch das lakonisch präzise Drehbuch schrieb) dominiert Peggy Bachmann, die junge, unerfahrene Geheimdienstlerin, die den Sohn des Wissenschaftlers „anbahnen“ soll und prompt zerrissen wird zwischen persönlichen Gefühlen und der Berufspflicht zur Lüge.

Diese empfindliche junge Frau mit der Fähigkeit, sich vollkommen zu verschließen (Claudia Michelsen kann ihr Gesicht wie kaum eine andere zu Porzellan glätten) ist die Erzählerin der grausigen Geschichte über Liebe und Verderben, Wissenschaft und Krieg, Moral und Gehorsam, die Hartmut Schoen (mehrfach preisgekrönt: „Warten ist der Tod“) mit bewährter Rasanz, überraschenden Volten und unerhörter Spannung in Szene setzt und leichthändig mit jeder Menge politisch-kritischem Potenzial anreichert. Was vor allem dadurch glaubwürdig wirkt, dass auf allen Seiten Menschen agieren, keine Schablonen. Und wenn am Ende die Wahrheit an den Tag kommt, bleibt das Happy End doch überschattet. Vom Leben, wie es nun einmal ist, so widersprüchlich, so facettenreich, so fehlerträchtig, so todesnah. Trotz oder gerade wegen aller Wissenschaft.

Teil 2 heute Abend um 22 Uhr 15 im ZDF

Mechthild Zschau

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false