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Nachdem Sebastião Salgado das Leiden der Welt, das er so häufig abgebildet hatte, nicht mehr ertrug, nahm er die „guten Orte“ in den Fokus.

© dpa

Hommage an Sebastião Salgado: Der Fotograf vom Dunkel der Welt

Der Film "Das Salz der Erde", die Hommage von Wim Wenders an den Magnum-Fotografen Sebastião Salgado, ist nun auch im Fernsehen zu sehen.

Ein Zufall machte Wim Wenders auf eine frühe Arbeit des brasilianischen Fotografen aufmerksam. Vielleicht stammte sie aus der Serie über die Arbeit in der Goldmine Serra Pelada, wo Arbeiter wie Kulis die schweren Säcke mit Erde über steile Leitern nach oben schleppen. Die schwarz-weißen Bilder, deren meisterhafte Komposition die Bestürzung über eine derartige Schinderei noch verstärkt, gingen um die Welt. Wenders kaufte das Foto, es könnte auch aus einem anderen Zyklus gestammt haben, der Name prägte sich ihm mit schmerzender Deutlichkeit ein. Später traf man sich in Paris, wohin Sebastião Salgado vor der Militärdiktatur in seinem Land geflohen war. Aus den Begegnungen entstand vor drei Jahren dieser Film. „Das Salz der Erde“, das sind, im Verständnis Salgados, die Menschen, die an ihrem Schicksal schwer tragen.

In Cannes erhielt der Film 2014 den Spezialpreis der Jury, jetzt sendet ihn das Erste. Aus Fotografien, Filmaufnahmen und vielen Gesprächen Wenders’ mit dem fotografischen Kollegen zusammengefügt, ist „Das Salz der Erde“ kein gewöhnlicher Dokumentarfilm, sondern eine persönliche Hommage an einen großen Magnum-Fotografen, den die schlimmsten Katastrophen der Gegenwart, oder einige davon, wie ein Magnet anzogen.

Eines Tages ertrug er es nicht mehr

Salgado wurde nicht müde, sich unter die Elendesten der Elenden zu mischen, oft als fotografierender Partner der Helfer von „Ärzte ohne Grenzen“. Bis er es eines Tages nicht mehr ertrug: die horizontweiten Flüchtlingslager in Afrika, die Flüchtlingsströme, die im Urwald verschwinden, um Monate später an anderer Stelle wieder aufzutauchen, oder der ethnische Hass im zerfallenden Jugoslawien. Der aufgegebenen Karriere als Wirtschaftswissenschaftler trauerte er keinen Moment nach, aber nun zog es ihn zu der anderen Seite. Ein geschützter Indiostamm im Regenwald am Amazonas, eine seltene Tierart im Reservat, man sieht es gern.

An die Stelle des Mit-Leidens, auf das sein Hauptwerk abgestimmt ist, tritt nun die Mahnung, die Erde zu schützen oder zu rekultivieren, wie er es auf dem verödeten Farmland der Eltern mit Erfolg selbst versucht.

Wim Wenders will den ganzen Salgado zeigen, ohne sich in Dispute zu verwickeln. Das nimmt dem Film etwas von seiner möglich gewesenen Brisanz. Aus den Gesprächen destilliert er einen fortlaufenden Monolog des Fotografen, dessen Gesicht hinter den Bildern auftaucht, als schwebe sein Geist über den Wassern. Von den deutschen Untertiteln geht leider, helle Schrift auf meist hellem Grund, einiges verloren.

Spannend sind besonders alle Szenen, die Salgados Sohn Juliano Ribeiro von den gemeinsamen Reisen mitgebracht hat. Einmal werden wir Zeuge, wie die beiden auf der Wrangel-Insel an eine Herde schnaubender Walrösser heranrobben, während am Ufer ein Eisbär lauert. „Wie ein Fisch im Wasser“ habe er sich immer bewegt, beschreibt Salgado sein schlüssiges, am Ende von bösen auf gute Orte umgepoltes Konzept. Man hat es verstanden. Dem Zuschauer bleiben die Fragen. Hans-Jörg Rother

„Das Salz der Erde“, ARD, Mittwoch, 22 Uhr 45

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