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Der Newsroom von i24News im israelischen Tel Aviv ist bereits fertig. Am 1. Juli sollte die Station auf Sendung gehen, doch es gab ein „unverschuldetes technisches Problem“. Foto: AFP

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i24News: Israel bekommt einen eigenen internationalen Nachrichtensender

Es sei an der Zeit, dass eine andere Stimme aus dem Nahen Osten gehört wird, meint Frank Melloul, der Chef des neuen internationalen Nachrichtensenders i24News. Wann der israelische Sender startet, ist ungewiss. Den ersten Termin musste i24News wegen eines "unverschuldeten technischen Problems" verstreichen lassen.

Noch immer ist nicht viel zu sehen auf der Website des neuen internationalen Nachrichtensenders i24News mit Sitz in Tel Aviv, nur ein flott zusammengeschnittenes Imagevideo aus markanten Ereignissen der jüngeren Weltgeschichte, vermischt mit markigen Statements der zukünftigen Moderatoren. Und ein ambitionierter Slogan: „Information has a new name“, steht da selbstbewusst, Information hat einen neuen Namen.

Eigentlich sollte der Sender schon am 1. Juli starten, um Nachrichten und Ereignisse dezidiert aus Israel und den Palästinensergebieten in die Welt zu senden. Aber jetzt, so heißt es auf der Facebook-Seite, gäbe es „ein unverschuldetes technisches Problem“, der Launch wurde auf unbekannte Zeit verschoben.

Zielgruppe des dreisprachigen Programms (Englisch, Französisch, Arabisch) sind dabei bewusst nicht die eigenen Landsleute, „sondern Menschen, die Israel vielleicht hassen“, so der Vorstandsvorsitzende Frank Melloul – also vor allem wohl die arabischen, Israel nicht besonders wohlgesinnten Nachbarn. Er will „Israel mit der Welt verbinden und die Welt mit der israelischen Gesellschaft“, es sei „an der Zeit, dass eine andere Stimme aus dem Nahen Osten gehört wird“. Bisher ist das Gebiet nämlich komplett in der Hand arabischer Nachrichtensender wie Al Dschasira und Al Arabiya, hinzu kommen die arabischsprachigen Programme zahlreicher weiterer Auslandssender. Das will der 40-jährige Melloul mit i24News – wenn er denn mal startet – ändern und der Welt auch die israelische Sichtweise zugänglich machen.

Der gebürtige Schweizer hat bereits für den ehemaligen französischen Premierminister Dominique de Villepin als Kommunikationsberater gearbeitet und an der Entwicklung des französischen News-Channel France24 mitgewirkt. Für i24News hat er 150 Journalisten mit verschiedensten Religionen aus 35 Staaten engagiert, die in einem 1500 Quadratmeter großen, hochmodernen Büro mit Blick auf den Hafen von Jaffa am neuen Programm basteln. Außer über das Internet soll der Sender auch über Kabel- und Satellitenfernsehen in Europa, Afrika, im Nahen Osten und Asien angeboten werden. Ab 2014 ist eine Ausweitung in die USA geplant.

i24News habe weltweit den einzigen TV-Newsroom, „in dem Journalisten in einem Raum in drei Sprachen arbeiten“, erklärt Melloul stolz. Auf jeden Fall ist er einer von nur drei der heute existierenden 17 internationalen Sender, die nicht staatlich, sondern privat finanziert werden.

Das Geld kommt von dem schwerreichen französischen Geschäftsmann Patrick Drahi. Ihm gehören unter anderem die Kabelgruppe Altice SA, die vor allem in Belgien und Frankreich analoge und digitale TV- und Telefondienste anbietet, der israelische Kabelsender Hot und die israelische Mobilfunkgesellschaft MIRS Communication.

Die Höhe des Budgets von i24News ist unbekannt, es soll sich mindestens um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag handeln. Über Drahis Motive, Geld in den Sender zu investieren, erfährt man ebenfalls nichts. Dass Gewinnbestrebungen dahinterstecken kann man jedoch fast ausschließen, denn Geld ist mit einem internationalen Spartensender heute kaum noch zu verdienen. Dazu ist der Markt der internationalen News-Channel zu eng, das Publikum zu klein, Marktanteile und Einschaltquoten – wichtig für die Werbewirtschaft – nicht messbar. Also müssen patriotische oder politisch motivierte Gründe dahinterstecken – vielleicht ähnlich wie beim Emir von Katar, der Al Dschasira finanziert. Der dient i24News auch ein wenig als Vorbild, so Vorstandschef Melloul, mit dem Unterschied, dass sein neuer Sender „aus einem demokratischen Land“ komme.

1985 war das mit dem Geldverdienen noch leichter. Damals gründete der amerikanische Medienmogul Robert Edward „Ted“ Turner mit CNN International, einem Ableger von CNN, den ersten internationalen Newssender. Der war mangels Alternativen jahrelang führend auf dem Gebiet der Berichterstattung aus Krisenherden, Kriegszonen und Katastrophengebieten. 1989 brachte er seinem Besitzer bereits einen Gewinn von 189 Millionen US-Dollar.

Um den Amerikanern in der täglichen Schlacht der Weltbilder nicht länger die Deutungshoheit zu überlassen, zogen zwischen 1991 und Ende der 2000er Jahre zahlreiche Staaten nach und gründeten ihre eigenen internationalen Fernsehsender: Großbritannien mit BBC World (1991), Deutschland mit Deutsche Welle TV (1992), Ägypten mit Nile TV International (1994), Japan mit NHK World TV (1995), Katar mit Al Dschasira (finanziert vom Emir von Katar) und China mit CCTV International (beide 1996), Südkorea mit Arirang (1999), Italien mit RAI Med (2001), die Vereinigten Arabischen Emirate mit Al Arabiya sowie Iran mit Al Alam (beide 2003), Russland mit Russia Today (RT) und Venezuela mit Telesur (beide 2005) sowie Frankreich mit France 24 (2006). Hinzu kommen die beiden staatlichen Auslandssender der USA, Voice of America und Al-Hurra, wobei Letzterer ein rein arabischsprachiges Programm verbreitet.

Auch der Großteil der europäischen Sender hat mittlerweile arabische Redaktionen installiert, während die Araber englische und französische Programme anbieten. Der ägyptische Sender Nile TV sendet sogar seit Jahren ein hebräisches Programm, womit er gezielt ein israelisches Publikum erreichen will. So unterschiedlich die Sender inhaltlich sein mögen, so ähnlich sind die Motive für ihre Existenz: Die meisten wollen und sollen die Bevölkerung ideologischer Gegner erreichen, gezielt beeinflussen und gleichzeitig das Bild vom eigenen Land in ein besseres Licht rücken.

So ist der russische Staatssender Russia Today bemüht, in englischer und arabischer Sprache Vorurteile und Klischees über Russland abzubauen und dem Publikum die russische Sichtweise auf das internationale Geschehen vorzustellen. Die arabischen Sender wollen vor allem CNN und BBC eine eigene „arabische Sichtweise“ entgegensetzen. Der Auslöser für die Gründung von France24 soll der Umstand gewesen sein, dass internationale Auftritte französischer Politiker im Programm von CNN International nicht entsprechend gewürdigt wurden. Mit France24 wollten die Franzosen „in der weltweiten Schlacht der Bilder künftig in der ersten Reihe kämpfen“, wie der damalige Präsident Jacques Chirac markig verlauten ließ. Und der ehemalige französische Kulturminister Renaud Donnedieu des Vabres ergänzte, „dass die Kontrolle über Nachrichten genauso wichtig sei wie die außenpolitische und wirtschaftliche Stärke eines Landes.“

Klar ist, dass es sich heute kaum noch ein Land leisten will, sich aus dem weltweiten Bilderkrieg herauszuhalten. Was der rege Informationsfluss zwischen Okzident und Orient im Endeffekt bewirkt und wie viele Menschen ihn mit welchem Resultat verfolgen, ist allerdings noch unerforscht.

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