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Medien: „Ich muss jetzt gehen“

Frank Plasberg legt ein launiges ARD-Debüt hin

Am Anfang ein kleines Geheimnis: Alle Medienjournalisten haben sich darauf geeinigt, dass man nichts Schlechtes schreiben darf über Frank Plasberg und seine Sendung „Hart, aber fair“, die am Mittwoch erstmals in der ARD lief. Die Vorabhymnen auf den Mann und das Format dienen als Beweis, mehr Lob geht nicht. Ist das der Grund, warum sich die Macher der Premierensendung so gar keine Mühe gegeben haben?

„Hilfe, sie haben die Reformen geschrumpft – geht so der Aufschwung kaputt?“, hat man sich als Titel ausgesucht, das hört sich an wie „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“. Zu Gast waren die Politiker Peer Steinbrück und Gregor Gysi, der Unternehmer Peter Paul Moll, die Schauspielerin Natalia Wörner und Ingrid Köper-Pape, die den Siegeszug des betroffenen Normalmenschen im Fernsehen fortsetzt. Plasberg, der keine Krawatte trägt, was mit Sicherheit etwas bedeuten soll, behandelt alle Männer in der Runde von oben herab, er verwechselt Arroganz mit Hartnäckigkeit („Nun lassen Sie mich doch die Frage zu Ende formulieren!“) – das ist neben seiner Selbstüberschätzung sein größtes Handicap. Die Sendung hat davon noch mehr: Plasberg verbringt die Hälfte der Sendezeit mit dem Anmoderieren der 14 Einspielfilme, die andere Hälfte übernimmt er den Vorsitz beim Tribunal gegen Steinbrück, der für alles verantwortlich gemacht wird, den desolaten Zustand der SPD, der Regierung, der Wirtschaft, des Landes. Steinbrück wehrt sich, er macht das gut, er sagt, dass man es sich nicht so einfach machen könne, dass Politik kompliziert sei. Und für einen kurzen Moment wurden die Tragik und die Zerrissenheit dieses Mannes deutlich. Nur Natalie Wörner begriff das.

In dem Moment wünschte man sich, dass man eine ganze Sendung dabei zuschauen kann, wie Wörner mit Steinbrück redet. Der Erkenntnisgewinn wäre enorm gewesen. Stattdessen gab es die obligatorische Neiddebatte (Gehälter Bahn-Vorstand vs. Forderung der Lokführer), Applaus für den betroffenen Normalmenschen und die fünfminütige Gregor-Gysi-Show, die anscheinend auch Plasberg gefiel („Ich verbeuge mich vor Ihrer Antwort – sehr charmant“). 3,4 Millionen Zuschauer waren dabei, deren Reaktionen am Ende aus Internet und Anrufen vorgelesen wurden. Als da Steinbrück meinte „Ich muss jetzt gehen“, sagte Plasberg: „Wir sind hier nicht bei Kerner.“ Plasberg muss es wissen, letzte Woche war er bei Kerner, um seine Sendung zu promoten, vor allem aber sich selbst. Mutig fragte er den Gastgeber, ob er nicht einen Fehler gemacht habe, als er Eva Herman rausschmiss – beides irgendwie Husarenstücke. Auch versuchte sich Plasberg darüber lustig zu machen, dass er nicht den Sendeplatz von Anne Will bekommen hat, weil man ihm bei der ARD mangelnde Starqualitäten bescheinigt habe. Darauf reitet der Mann herum, vor zwei Tagen auch im Interview an dieser Stelle, und es zeigt, dass er die Ablehnung nicht verwunden hat, er fühlt sich zu Höherem berufen. Am Ende seiner ersten ARD-Sendung, die nicht viel Hoffnung macht, verkündete Plasberg das elfte Gebot für Moderatoren: „Du sollst nicht überziehen.“ Aber wenn es doch interessant wäre …Matthias Kalle

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