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Im Radio: Am Gelde hängt, zum Gelde drängt

Tom Peuckert verrät, was man im Radio in den nächsten Tagen nicht verpassen sollte.

Zehn Stunden fährt der Balkan-Express von der serbischen Hauptstadt Belgrad bis ins bosnische Sarajevo. Eine Reise durch die Landschaften des Bürgerkriegs, der seit zehn Jahren vorbei ist, den aber niemand hier vergessen hat. Für ihr Feature „Last Exit Sarajevo“ hat sich Autorin Isa Hoffinger in den Express gesetzt, um unterwegs Geschichten zu sammeln. Vorm Mikrofon erzählen Kriegsveteranen, Lokalpolitiker, Studenten, das Personal des Zuges. Von alten Wunden und neuen Hoffnungen, von schwelenden Konflikten und der Suche nach Gerechtigkeit. Erst seit gut einem Jahr fährt der Balkan-Express wieder, obwohl er nun drei Ländergrenzen passieren muss, ist er doch zu einer Maschine der Versöhnung geworden (Deutschlandfunk, 28. Januar, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Der Chirurg Christoph Broelsch war Leibarzt des Bundespräsidenten. Er galt landesweit als größter Experte für Lebertransplantationen und trug den höchsten Orden der Deutschen. Doch eines Tages wurde bekannt, dass Broelsch seine Talente meistbietend feilbot. Nicht für privaten Nutzen, sondern zum Wohl der Forschung und der Institution, der er vorstand. Schwerkranke, die vom Meister persönlich operiert werden wollten, mussten zuvor eine Spende an seine Essener Klinik überweisen. Broelsch wurde angeklagt wegen Bestechlichkeit und zu drei Jahren Haft verurteilt. Das Feature „Der Fall des Chirurgen Broelsch“ von Martina Keller erzählt vom Prozess und seinen Hintergründen. Ein Lehrstück aus dem Innenleben des deutschen Medizinbetriebs (Deutschlandradio Kultur, 29. Januar, 18 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Der Komponist und Pianist Christoph Theiler lebt als Freiberufler in Wien. Die Auftragslage ist schwankend, der Geldmangel zuweilen dramatisch. Eines Tages kam Theiler auf die Idee, das Verhalten eines längst verstorbenen, sehr berühmten Kollegen zu imitieren. Vor gut zweieinhalb Jahrhunderten schrieb der darbende Mozart aus Wien seine berühmten Bettelbriefe an den Tuchhändler Puchberg. Theiler hat sich nach exakt dieser textlichen Vorlage mit der Bitte um finanzielle Unterstützung an begüterte Einzelpersonen und Institutionen gewandt, Mozarts damalige Forderungen hat er zuvor auf heutige monetäre Verhältnisse umgerechnet. Von keinem Adressaten hat Theiler Geld bekommen, aber von vielen sehr interessante Anworten. Daraus ist das amüsante Hörspiel „Reply Mozart“ entstanden, das nun zumindest etwas Bargeld in die Taschen des Musikers spülen dürfte (Kulturradio vom RBB , 30. Januar, 14 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Bekanntlich ist die Ausweitung der Märkte ein wichtiges Mittel, um das kapitalistische System am Laufen zu halten. Was eben noch ohne Geld funktionierte, soll plötzlich Business sein. Irgendwann in der jüngeren Vergangenheit ist auf diese Weise auch unser Ego zum Gegenstand unternehmerischer Aktivitäten geworden. Das menschliche Selbst, die Identität, könne man optimieren oder sogar neu erfinden, behaupten heute eine Industrie von Beratern und tausende Sachbücher. In ihrem Feature „Auf der Jagd nach dem Selbst“ erzählen Susanne Luerweg und Sabine Oelze, wie unser Selbst zum Fall für professionelle Verbesserungsexperten geworden ist (Deutschlandfunk, 30. Januar, 20 Uhr 05).

Vor vielen Jahren haben die beiden Kriminalisten Mobly und Skinner ihr Heimatdorf an der Nordsee verlassen. Nun kehren sie zurück, weil draußen im Meer eine weibliche Leiche gefunden wird. Mobly und Skinner sind melancholische Männer, die ihre besten Jahre schon fast hinter sich haben. Im Kriminalhörspiel „Die Frau im Netz“ von Matthias Wittekindt machen Mobly und Skinner das, was man von melancholischen Senioren erwartet. Sie sitzen mit alten Bekannten in der Dorfkneipe, beobachten versonnen die Frauen, die sie vor Jahrzehnten begehrt haben, hängen überhaupt viel in ihren Erinnerungen. Ohne dass sie allzu aktiv werden, enthüllt sich vor ihnen der Mikrokosmos des Dorfes und damit auch die Kontur eines Verbrechens. Doch bevor sie letzte Klarheit gewinnen, werden weitere Leichen ans Ufer gespült (Deutschlandradio Kultur, 31. Januar, 21 Uhr 33).

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