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Medien: Im Radio: Gigantomanisch

Es war ja nicht alles schlecht, hieß eine berüchtigte Formel im Nachkriegs-Deutschland. Zum Beispiel die Erfindung der Autobahn.

Es war ja nicht alles schlecht, hieß eine berüchtigte Formel im Nachkriegs-Deutschland. Zum Beispiel die Erfindung der Autobahn. Fritz Todt, ihr erster Baumeister, geisterte damals als guter Nazi durch zähe Legenden. Todt ist die Hauptfigur im Feature "Bauen für Hitler". Autorin Christiane Raasch erzählt noch einmal die Geschichte des fleißigen Technikers, der unter Hitler eine politische Großkarriere macht. Weil er die industrielle Kolonisierung des Raumes mit diktatorischer Energie vorantreibt und zugleich gemeinsam mit dem gescheiterten Kunstmaler von einer seelenvollen deutschen Technik träumt. In Todts Dunstkreis gelten Straßen als romantische Kunstwerke und Autobahnbrücken als folkloristische Großplastiken. Man erfindet und popularisiert eine Freizeitbeschäfigung namens Motorwandern, die das Volk auf neuen Bahnen versammeln soll. Sogar die Amerikaner staunen ehrfürchtig über den technologischen Furor der Deutschen. Später baut Todt Bunker am Atlantik. Nüchterne Kästen, in denen sich das Volk zum Heldentod versammelt (Deutschlandfunk, 7. Februar, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Auch nach der Katastrophe wird in Deutschland noch groß und seelenvoll gebaut. An der Stalinallee im östlichen Berlin beispielsweise. Von den proletarischen Palästen der fünfziger Jahre berichtet das Feature "Die letzte große Straße Europas". Eine sozialistische Variante des Potemkinschen Dorfes, muss man wohl sagen. Der Staat leistet sich einen ideologischen Prachtboulevard, dahinter blühen nur die Ruinen. Mittlerweile gibt es Bemühungen, die heutige Karl-Marx-Allee als historischen Erlebnisort mit Amüsierfaktor wiederzuerwecken. Ursula Vogel und Axel Witte haben sich am größten Flächendenkmal Europas umgesehen und mit Stadtplanern, Architekten und Bewohnern über Vergangenheit und Zukunft gesprochen (Radio Kultur, 3. Februar, 14 Uhr, UKW 92,4 MHz).

Ernst Jünger hat die deutschen Städte einst als kalter Flaneur durchwandert. In jungen Jahren schwärmte auch er für die Seele der Technik, die dem Bürger eine neue Moral lehren sollte. Später hielt er Autobahnen und Großbaustellen eher für luziferische Angelegenheiten. Heinz Ludwig Arnold hat die geistigen Wandlungen des Schriftstellers erkundet. "Der Militär im Pantheon" heißt der gründliche Essay. Jüngers Wege zwischen Militarismus und Surrealismus, Revolution und christlicher Besinnung. Nicht zuletzt sein phänomenaler Aufstieg vom umkämpften Außenseiter zum Beinahe-Klassiker der deutschen Literatur (SWR 2, 5. Februar, 21 Uhr, Kabel UKW 107,85 MHz).

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