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Im RADIO: Märchen, Musik und Mafia

Bettler zwischen Lebenslügen und Alltagsphilosophie, das außerordentliche Frauenleben von Cosima Wagner und die Macht der Mafia in Deutschland. Tom Peuckert gibt einen Ausblick auf die Radiowoche.

In den Märchenbüchern ist der Bettler eine wichtige Figur. Manchmal ein verkleideter Königssohn, manchmal ein Zauberer. Wer den Bettler hartherzig abweist, hat im Märchen selten Glück. Das Feature „Unter Null“ von Jan Tengeler erzählt moderne Bettlergeschichten. Der Autor hat Bettler angesprochen und sich aus ihrem Leben erzählen lassen. Rund 300 000 Obdachlose gibt es in Deutschland, viele davon betteln. Zu hören sind eigenwillige Mischungen aus Lebenslüge und Alltagsphilosophie. Der moderne Bettler ist träge und dennoch zäh. Und wie im Märchen ist es die Güte seiner Mitmenschen, die ihn am Leben hält (Deutschlandfunk, 18. Oktober, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Kurz nach der großen Explosion kommandiert die russische Regierung tausende Männer ins Kraftwerk. Nur mit Schaufeln in der Hand, fast ohne Schutzkleidung, sollen sie die Folgen der Katastrophe eindämmen. Man gibt ihnen Wodka zu trinken, verleiht später ein paar Orden. Als der strahlende Müll unter Beton verschwunden ist, werden die Männer in ihr altes Leben zurückgeschickt. Das Feature „Verstrahlter Ruhm“ von Axel Reitel erzählt von den sogenannten Liquidatoren in Tschernobyl. Fast eine Dreiviertelmillion hat es gegeben, die Zahl der bisher an Strahlenkrankheiten Gestorbenen existiert nur als Dunkelziffer (Kulturradio vom RBB, 19. Oktober, 9 Uhr 05, UKW 92,4 MHz).

Die Dame hieß Wagner, war eine geborene Liszt und geschiedene von Bülow. Auf dem engen Raum einer Biografie die Namen dreier Musikhelden des 19. Jahrhunderts. Cosima war Franz Liszts Tochter, Ehefrau des Dirigenten Hans von Bülow und zuletzt Gattin und Muse Richard Wagners. Im Feature „Cosima Wagner“ porträtiert Claudia Wolff ein außerordentliches Frauenleben zwischen Triumph und Tragik. Natürlich geht es vor allem um die dramatische Symbiose mit Wagner. Eine Amour fou, die auch groteske Züge trug (Kulturradio vom RBB, 20. Oktober, 14 Uhr 04).

Auch Bertolt Brecht ist nicht als Superstar auf die Welt gekommen. Sein heute weltberühmtes Drama „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ musste fast 30 Jahre auf eine Uraufführung warten. Brecht schrieb das Stück 1930, die erste Premiere hatte es 1959 in Hamburg. Immerhin wurde Brecht vorher vom Radio getröstet. Die „Berliner Funkstunde“ sendete das Stück bereits 1932 als Hörspiel. Mit erstklassiger Besetzung: Fritz Kortner, Helene Weigel, Ernst Busch. Der Deutschlandfunk hat die alte Aufnahme noch einmal ausgegraben. Ein frühes Dokument der Hörspielgeschichte (Deutschlandfunk, 22. Oktober, 20 Uhr 10).

Die italienische Mafia hat sich weit in den Norden ausgebreitet. Mehr als drei Viertel ihrer Gewinne, so schätzt ein römischer Staatsanwalt, fließen heute nach Deutschland. Hier werden sie in kleinen und größeren Unternehmen gewaschen, in Pizzerien und Eisdielen, Baugeschäften und Maklerbüros. Rohe Gewalt ist die Ausnahme, man engagiert sich im bürgerlichen Geschäftsleben. Das Feature „Kaufen statt Töten“ von Christian Blees und Alessandro Alvani sucht nach den Spuren der Mafia in Deutschland. Die verschlungenen Pfade der ehrenwerten Familie ins Paradies der Geldwäscher (SWR 2, 23. Oktober, 22 Uhr 03, Kabel UKW 107,85 MHz).

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