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Im RADIO: Müller, Mörder und Marx

Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten.

Vor genau 80 Jahren kam Heiner Müller in Sachsen zur Welt. „Wie aus Reimund Heiner wurde“ heißt ein schönes Porträt aus berufenem Munde. Autor Wolfgang Müller ist ein Bruder des verstorbenen Dichters.Mit dem Mikrofon hat er die gemeinsamen Herkunftsorte tief in der sächsischen Provinz besucht. Müller findet Reste der Verwandtschaft, plebejisches Milieu, mal grob und ahnungslos, mal von zartfühlender Nostalgie. Wie der Heiner – zweiter Vorname: Reimund – damals eben so war. Von inniger Mutterliebe ist die Rede, von besessener Lektüre, von ersten Anzeichen einer kalten Beobachtungsgabe. Wer Müller mag, kann sich hier noch einmal mit wärmenden Anekdoten eindecken (Kulturradio vom RBB, 7. Januar, 22 Uhr 04, UKW 92,4 MHz).

Zur Geschichte der Nazizeit gehört auch, dass ausgerechnet ihrer übelsten Organisation Menschen aus ganz Europa zuliefen. Die „Waffen-SS“ hatte Verbände mit Freiwilligen vieler Nationen. Auch Niederländer stellten eine kämpfende Truppe. In ihrem Feature „Feindbeobachtungen“ berichten Ulrike Jansen und Norbert Wehr über eine Form der Kollaboration, die in den Niederlanden bereits vor vierzig Jahren heftig diskutiert wurde. Sieben Männer und eine Frau erzählten in einem damals erscheinenden Buch offenherzig, was sie dazu bewog, als Niederländer einer deutschen Verbrecherbande beizutreten (Deutschlandfunk, 9. Januar, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Die Nacht ist die Quelle der Poesie und der Raum einer gesteigerten Lebendigkeit. Aber die Nacht ist auch die Heimat des Todes. Friedrich von Hardenberg, genannt Novalis, war gerade 25 Jahre alt, als er mit seinen „Hymnen an die Nacht“ in das dunkle Jenseits von Licht und Bewusstsein eintauchte. Das Leben muss romantisiert werden, so lautete die oberste Schaffensformel des frühreifen Poeten. Was damit gemeint war, kann nun in einer schönen Hörspielfassung der „Hymnen“ nachgehört werden (Deutschlandfunk, 10. Januar, 20 Uhr 05).

Zu jenen dicken Büchern, die man gern gelesen und noch lieber verstanden haben möchte, gehört „Das Kapital“ von Karl Marx. Allen Nichtlesern macht die Künstlergruppe „Rimini Protokoll“ ein interessantes Angebot. Ihr Doku-Hörspiel „Karl Marx: Das Kapital, Band 1“ präsentiert Zeitgenossen, deren Leben als Kommentar zur Marx’schen Kapitalismusanalyse verstanden werden kann. Aus biografischen Erinnerungen entsteht im Hörspiel ein charmantes Puzzle, das komplizierte Soziologie durch leichtfüßige Anekdoten ersetzt. Wir hören einen ergrauten Marx-Forscher, einen renommierten Anlagebetrüger, einen deutschen Maoisten, der in China zu Geld kam und andere Spezialisten des kapitalistischen Alltags (Deutschlandradio Kultur, 12. Januar, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

In Hamburg wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Alles deutet darauf hin, dass sie vor ihrem Tod gefoltert wurde. Die erste Spur führt zu einer iranischen Zeugin. Stecken Folterknechte eines arabischen Diktators hinter dem Verbrechen? Aber dann werden Dinge offenbar, die niemand der Ermordeten zugetraut hätte. Böse Politik oder böser Sex – das ist die Frage, mit der sich die Ermittler in Marina Heibs Krimi „Eisblut“ herumschlagen. Dass der Chef des Ermittlerteams und seine Profilerin eine unglückliche Liaison hinter sich haben, macht die Arbeit nicht gerade einfacher (Deutschlandradio Kultur, 12. Januar, 21 Uhr 33).

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