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Im RADIO: Stubenhocker und Übermenschen

Drei alte Damen reden über das Sterben. Die Jüngste ist knapp 70, die Älteste bereits über 90 Jahre alt.

Drei alte Damen reden über das Sterben. Die Jüngste ist knapp 70, die Älteste bereits über 90 Jahre alt. Je älter sie wurden, um so mehr Menschen sind um sie herum schon gegangen. Die Großeltern, die Eltern, Geschwister, Freunde. Besonders nah war der Tod der Ehemänner. Im Feature „Ich schlafe nicht“ von Constanze John berichten sie über ihr Leben mit dem Tod. Wie es ist, wenn man sich den Gestorbenen näher fühlt als den Lebenden. Was sie trotzdem noch wach hält und warum die Furcht vor dem eigenen Ende immer mehr geschwunden ist (Deutschlandfunk, 24. Oktober, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Hauptfigur im Hörspiel „Flohzirkus“ von Ingomar von Kieseritzky ist ein weiblicher Floh. Natürlich kein gewöhnlicher Parasit, dem die Schauspielerin Angela Winkler hier ihre Stimme leiht, sondern ein Blutzeuge welthistorischer Ereignisse. Der Floh verbeißt sich im Jahr 1751 auf einer Kutschfahrt zwischen Göttingen und Berlin in den berühmten deutschen Gelehrten Albrecht von Haller. Dieser Haller reist in die preußische Hauptstadt, um dort eine der wichtigsten Fragen der europäischen Aufklärung zu erörtern. Vor den Ohren des großen Friedrich debattiert er mit dem Franzosen La Mettrie über den Menschen. Gottes Ebenbild oder doch eine simple Maschine? Autor Kieseritzky holt die alte Schlacht noch einmal aus den Archiven der Geistesgeschichte – und hat die charmante Idee, einem Floh das letzte Wort zu erteilen (Kulturradio vom RBB, 24. Oktober, 22 Uhr 04, UKW 92,2 MHz).

Zahlen sind nicht nur zum Zählen da. Man kann sich in Zahlen verlieben und man kann an ihnen krank werden. Im Feature „Gimps und Gurken oder Zählen Sie selbst?“ interessiert sich Autorin Antje Vowinckel für das Abgründige in der Mathematik und all die Leidenschaften, die sich daraus ergeben können. Auf der Jagd nach der größten Primzahl haben Gelehrte Frau und Kind vergessen. Große Kapazitäten haben für die Erforschung der sonderbaren Konstante Pi ihre geistige Gesundheit ruiniert. Zahlen können in dunkelste Zwänge stürzen (Kulturradio vom RBB, 25. Oktober, 9 Uhr 05).

Seit die Berliner Autorin Kathrin Passig vor drei Jahren den Bachmann-Preis gewann, ist auch ihre Arbeitsstelle gut im Gespräch. Ein intellektuelles Businessprojekt namens „Zentrale Intelligenz Agentur“, das an vielen Diskursfronten mit überraschenden Wortmeldungen auftaucht. Nun hat sich die ZIA ein amüsantes Radiomagazin namens „Folge 137“ ausgedacht, das mit feiner Ironie Techniken und Tricks des Lobbying in Deutschland analysiert. Unter dem Titel „Kommen Sie doch rein“ simuliert die neueste Ausgabe ein „Indoor-Magazin für leidenschaftliche Stubenhocker“. Die Randgruppe der Zuhausebleiber wird moralisch unterstützt, ihre Anliegen in den Kreislauf der politischen Wünsche eingespeist (Deutschlandradio Kultur, 26. Oktober, 0 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

In der Stadt Mongopolis soll es nur noch perfekte Menschen geben. Die ehrgeizigen Bewohner haben den lieben Gott um Hilfe gebeten, aber der hat den heiklen Auftrag gleich an den Teufel weitergereicht. Kein Wunder, dass nun statt Perfektion ein böses Chaos entsteht. Autorin Gisela Höhne hat das Hörspiel „Mongopolis“ gemeinsam mit den geistig behinderten Schauspielern des Berliner Theaters RambaZamba entwickelt. Unperfekte Schauspieler erzählen vom uferlosen Perfektionsdrang unserer Welt. Ein Phänomen, das durchaus beängstigend wirken kann, aber hier mit Hilfe der Kunst einem befreienden Lachen ausgeliefert wird (SWR 2, 26. Oktober, 18 Uhr 20, Kabel UKW 107,85 MHz).

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