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Im RADIO: Vom Zoo-Streit zum Mauerspecht

Wilde Tiere in Berlin, Frauen in Odessa und Gespräche mit Astronauten: Der Überblick über die Radiowoche.

Der Tierpark in Ost-Berlin war einmal ein Fanal für die moralische Überlegenheit des Sozialismus. Im Eröffnungsjahr 1955 gab es hier die größten Freigehege der Welt und statt enger Käfige und hoher Gitter regulierten dezente Wassergräben das Leben der Bewohner. Dagegen, so hieß es im Osten, sei der West-Berliner Zoo nur ein Hort der Repression. Das amüsante Hörspiel „Wilde Tiere in Berlin“ von Marianne Weil erzählt von den zoologischen Propagandaschlachten, die sich beide Halbstädte im Kalten Krieg lieferten. (Deutschlandradio Kultur, 10. August, 21 Uhr 33, UKW 89,6 MHz).

Odessa war einmal die schönste Stadt im russischen Imperium. Eine Perle des Südens, mit herrlicher Architektur und multikultureller Bevölkerung. Heute hat die Perle eine Menge Schrammen. Autorin Elke Bredereck hat lange in der Stadt gelebt und sich besonders für die Geschichten der Frauen interessiert. Ihr Feature „Fünf Frauen in Odessa“ lässt Künstlerinnen und Putzfrauen, Akademikerinnen und Prostituierte zu Wort kommen. Sie erzählen über ihr Leben und ihre Träume (Deutschlandfunk, 12. August, 20 Uhr 10, UKW 97,7 MHz).

Die Dramatikerin Felicia Zeller hat die Spuren junger Frauen verfolgt, die aus Osteuropa in den reichen Westen kommen. Für Kost und Logis verdingen sie sich in den Haushalten ökobewegter Gutverdiener als Au-pair. Au-pair heißt „auf Gegenseitigkeit“, aber das sieht in der Praxis meist anders aus. Zellers Hörspiel „Gespräche mit Astronauten“ lässt die Lebensmodelle und Weltsichten der modernen Dienstboten und ihrer Arbeitgeber in heftigen Wortkaskaden aufeinanderprallen. Genervte Au-pairs, gestresste deutsche Powerfrauen, tyrannische Kinder. Nur die Väter sind stumm, schweben als Astronauten in fernen beruflichen Umlaufbahnen (SWR 2, 14. August, 18 Uhr 20, Kabel UKW 107,85 MHz).

Im Leipziger Herbst 1989 haben sich die Radio-Autoren Ralph Oehme und Karl-Heinz Schmidt-Lauzemis mit ihren Mikrofonen unter die Demonstranten gemischt. Sie haben den Aktivisten der politischen Opposition zugehört, aber auch deren Gegnern, den SED-Funktionären und Stasi-Männern. Mehr als 100 Stunden Originaltonmaterial haben Oehme und Schmidt-Lauzemis damals gesammelt, darunter die Stimmen kommender Immobilienspekulanten und Morgenluft witternder Rechtsradikaler. Ihre Collage „Stille Helden siegen selten“ versetzt den Hörer unmittelbar in die revolutionären Wirren des Leipziger Herbstes (Kulturradio vom RBB, 14. August, 22 Uhr 05).

Kurz nach jenen geschichtsträchtigen Tagen begann die Karriere eines Leipziger Malers, der heute zu den bedeutendsten Künstlern Deutschlands gerechnet wird. Neo Rauch ist Repräsentant der „Leipziger Schule“ und ein Star auf dem internationalen Kunstmarkt. Unlängst kaufte Brad Pitt ein Gemälde von Rauch für eine knappe Million Dollar. Dass Neo Rauch nicht zu Unrecht berühmt ist, weiß jeder, der einmal in die psychedelischen Bildwelten des Malers eingetaucht ist. In der nächtlichen Reihe „Das Gespräch“ spricht Andreas Höll mit Rauch über die dunklen Geschichten von Verführung und Gewalt, die seine Bilder erzählen (Kulturradio vom RBB, 15. August, 23 Uhr 05).

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