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Medien: Im Sinkflug

Keine Helden, keine Traumquoten: RTL ist mit Skispringen trotzdem zufrieden

Als der Skispringer Janne Ahonen im Auslaufraum der Paul-Außerleitner-Schanze seine Familie entdeckte, war es um seine Gelassenheit geschehen. Er hatte nicht gewusst, dass seine Frau Tiia und der dreijährige Sohn Mico zum letzten Springen der Vierschanzentournee kommen würden, der Fernsehsender RTL hatte beide heimlich nach Bischofshofen eingeladen. Die Überraschung für den sonst so kühl wirkenden Finnen gelang. Er weinte.

Janne Ahonen große Emotionen entlockt zu haben, dürfte der größte Erfolg von RTL bei der 53. Vierschanzentournee gewesen sein. Die Quote hingegen ist es nicht. Immer weniger Menschen wollen Skispringen sehen. Wie im Vorjahr ging die Zahl der Zuschauer weiter zurück. Das Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen sahen 6,9 Millionen (Vorjahr: 7,74 Millionen), das Springen am Montag in Innsbruck interessierte nur noch 4,88 Millionen (Vorjahr 7,38 Millionen am Sonntag). Den letzten Wettbewerb in Bischofshofen verfolgten in der Spitze 6,85 Millionen Zuschauer. Den zweiten Durchgang sahen durchschnittlich 5,56 Millionen Zuschauer (Vorjahr 6,81 Millionen). Dennoch wertet RTL diese Zahlen als Erfolg. „Der Verlauf der Tournee gab keinen Anlass zu großer Euphorie“, sagt Informationsdirektorin Ingrid Haas, „dennoch haben die Übertragungen selbst an normalen Werktagen mit bis zu annähernd sieben Millionen so viele Zuschauer angezogen wie keine andere Wintersportdisziplin.“ RTL-Sprecher Matthias Bolhöfer sagt: „Wir sind sehr zufrieden angesichts der Voraussetzungen.“

RTL bekommt eine Gesetzmäßigkeit des Fernsehsports zu spüren: Fehlen die einstigen Helden, fehlen auch die Zuschauer. Das hat das Tennis nach dem Rücktritt von Boris Becker und Steffi Graf eindrucksvoll zu spüren bekommen. Dem Skispringen geht es ähnlich, seitdem Martin Schmitt schlecht und Sven Hannawald gar nicht mehr springt. Der Rekord von 10,47 Millionen Zuschauern beim Neujahrspringen vor zwei Jahren stammt aus einer längst vergangenen Zeit.

RTL hatte sich vor der Tournee mit seiner Forderung nach Abendspringen durchgesetzt. Der Sender versprach sich davon spektakulärere Bilder – und mehr Publikum. Zumindest Ersteres gelang auch. „Es war eine großartige Atmosphäre“, sagte Bolhöfer. Inzwischen überlegen die Veranstalter auch das Springen von Innsbruck, das in diesem Jahr schlechte Zuschauerzahlen hatte, ebenfalls am Abend stattfinden zu lassen. Zudem verpflichtete RTL Sven Hannawald als Co-Kommentator. Eine Maßnahme, die geteilte Meinungen hervorrief. Der 30-Jährige war an einem Erschöpfungssyndrom erkrankt und ist noch nicht so gesund, dass er seinen Sport ausüben kann. Eine Psychologin warnte in der „Abendzeitung“ vor einem Rückfall. „Wenn er sich nicht wohl gefühlt hätte, hätte er es nicht gemacht“, sagt Bolhöfer, „wir haben immer gesagt, dass Hannawald das Kommentieren von seiner gesundheitlichen Verfassung abhängig machen muss.“

Die beste Zeit des Schanzensports ist erst einmal vorbei. „Dieses Skispringen ist nicht einmal die Hälfte von dem wert, was RTL dafür bezahlt“, sagte ARD-Sportchef Hagen Boßdorf. Die Werbepreise bei RTL sind stark gefallen. Kosteten 30 Sekunden Werbung beim Skispringen vor zwei Jahren noch 60 000 Euro, sind es nun nur noch 36 000 Euro. „Aber das betrifft das Fernsehen generell, der Werbemarkt ist ein anderer geworden“, sagt Bolhöfer. Er dementiert die Gerüchte, dass sein Sender die Rechte am Skispringen, für die er 70 Millionen Euro für fünf Jahre bezahlt, vorzeitig abgeben wolle. „Da ist nichts dran“, sagte Bolhöfer, „RTL ist ein verlässlicher Vertragspartner.“ Und so wird der Sender wohl seinen Vertrag bis 2007 erfüllen.

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