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Verlagsgebäude des "Spiegel".

© dpa

Informelles Gesellschaftertreffen beim "Spiegel": Im kleinen Kreis

Beim informellen Gesellschaftertreffen des "Spiegel" fehlten wichtige Beteiligte: Angeblich war es ein Meeting von Chefredakteur Wolfgang Büchner mit Gruner + Jahr.

Tagelang war über das „informelle Gesellschaftertreffen“ beim „Spiegel“ spekuliert worden, das über die Zukunft von Chefredakteur Wolfgang Büchner entscheiden sollte. Doch offenbar trafen sich am Freitag Abend nur Büchner selbst, „Spiegel“-Geschäftsführer Ove Saffe, Julia Jäkel und Oliver Radtke von Minderheitsgesellschafter Gruner + Jahr sowie Thomas Hass, Geschäftsführer der Mitarbeiter KG. Der Rest der „Spiegel“-Gesellschafter, also vier weitere Mitglieder der Mitarbeiter KG sowie die Augstein-Erben, blieben demnach außen vor. Büchner und Saffe sollen beim Treffen noch einmal eine „abgespeckte Version“ ihres Konzepts „Spiegel 3.0“ vorgestellt haben. Das könnte bedeuten, dass Büchner von seinem Vorhaben abrückt, die Ressortleiterposten neu auszuschreiben.

Es hängt an Gruner + Jahr, ob Büchner geschasst werden kann oder nicht: Das Verlagshaus hält 25,5 Prozent der Anteile am „Spiegel“ und hat damit eine Sperrminorität gegenüber den anderen beiden Eigner-Gruppen. Die Mitarbeiter KG und die Augstein-Erben sind sich angeblich einig, dass Büchners Tage beim „Spiegel“ gezählt sind; nur Gruner + Jahr hat nicht wirklich Interesse, Büchner zu entlassen: „So lange es beim ,Spiegel’ kracht, spricht keiner mehr über den ,Stern’“, heißt es aus internen Kreisen. Dort ist nach der Entlassung von Chefredakteur Dominik Wichmann nämlich der geplante Umbau – insbesondere im Bereich Online und Digital – ins Stocken geraten. Der neue Chefredakteur des „Stern“, Christian Krug, fange quasi wieder bei Null an, muss sich erst in den Nachlass seines Vorgängers einarbeiten und hat logischerweise auch noch eigene Ideen.

Das Problem heißt nicht "Spiegel 3.0", sondern Wolfgang Büchner

Das will Gruner + Jahr beim „Spiegel“ nun offenbar vermeiden. Was das Verlagshaus dabei aus den Augen verliert, ist die Tatsache, dass es längst nicht mehr um Büchners Konzept „Spiegel 3.0“ geht – abgespeckt hin oder her. In bestimmten Abteilungen wird es bereits umgesetzt und erfährt die Unterstützung der Mitarbeiter: Denn auch wenn der „Spiegel“ angeblich immer noch über 80 Prozent seines Erlöses mit dem gedruckten Magazin erzielt, wissen selbst die altgedienten Printredakteure, dass sie um Digitalisierung und „Spiegel 3.0“ nicht herumkommen. Das Problem heißt mittlerweile Wolfgang Büchner selbst. Die Redaktion will schlicht nicht länger mit einem Chefredakteur arbeiten, „der es nicht kann“, heißt es. Und der im Haus so gut wie unsichtbar ist: Bis auf das Treffen am Freitag Abend soll Büchner sich die gesamte Woche aus dem Tagesgeschäft herausgehalten haben. Sogar bei „Spiegel Online“ kippt die Stimmung mittlerweile: Die Onliner solidarisieren sich mit ihren Print-Kollegen, nicht unbedingt, weil die altbekannten Grabenkämpfe vergeben und vergessen wären. Sondern weil die Situation, so wie sie derzeit ist, nicht bleiben kann: Das seit Wochen anhaltende Gezerre um die Macht schadet dem Ruf des „Spiegel“ enorm – egal ob im Netz oder analog.

Gruner + Jahr, so scheint es, will die Krise einfach aussitzen. Oder, diese Vermutung gibt es ebenfalls, spekuliert darauf, dass die Mitarbeiter KG die Nerven verliert und sich auflöst. Das würde Neuwahlen nach sich ziehen und dauern. Zeit schinden lautet also die Devise. Zudem würde das Verlagshaus einer Ablösung von Büchner nur zustimmen, wenn überhaupt ein adäquater Nachfolger zu haben wäre. Das ist derzeit wohl noch nicht der Fall.

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