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Fürs Plus im ZDF. Daniel Bröckerhoff, geboren 1978 in Duisburg, hat für „ZDF.reporter unterwegs“ und das Magazin „Zapp“ gearbeitet, ehe er im April 2015 als Moderator der ZDF-Nachrichten „heute+“ begann. Er wechselt sich mit Hanna Zimmermann ab.

© ZDF und Rico Rossival

Interview mit Daniel Bröckerhoff: „Hände in der Hosentasche bringt Ärger“

Daniel Bröckerhoff moderiert „heute+“. Ein Gespräch über News plus, Glaubwürdigkeit und „Lügenpresse“.

Herr Bröckerhoff, seit Montag moderieren Sie wieder „heute+“ im ZDF. Die Freude, wieder in Mainz arbeiten zu dürfen, war wie groß?

Ich war jetzt sechs Wochen raus und habe mich total gefreut, wieder auf Sendung zu gehen, und vor allem auch auf mein Team. Ein paar Wochen ohne Nachrichten ist ja in der derzeitigen politischen Lage zwischendurch mal ganz erholsam, aber ich bin dann doch zu sehr Nachrichtenjunkie, als dass ich für immer darauf verzichten wollen möchte. Am meisten freue ich mich aber auf unsere Neuerungen. Ende Oktober wollen wir das erste Mal mit unserem neuen Livestream-Studio auf Sendung gehen, es soll eine Internet-Sendung um 20 Uhr 30 geben, die sich intensiv mit nur einem Thema beschäftigt und später am Abend im TV dann die bewährte „heute+“, wie wir sie seit drei Jahren machen.

Sie sind seit dem Start von „heute+“ 2015 dabei. Was musste geändert werden, was hat sich bewährt?
Wir sind sehr salopp gestartet, sowohl sprachlich als auch von unseren Studio-Outfits her, da sind wir ein bisschen ernsthafter geworden. Am Anfang hatte ich noch manchmal eine Hand in der Hosentasche beim Moderieren, das gab dann besonders von älteren Zuschauer verärgerte Zuschriften. Das war dann doch ein bisschen zu viel Rebellion.

Was sich bewährt hat, ist unser etwas anderer Blick auf den Nachrichtentag. Statt einfach nur zum x-ten Mal zu wiederholen, was alle Sendungen vor uns auch schon berichtet haben, versuchen wir die Dinge zu hinterfragen oder auch mal genauer zu erklären. Auch der direkte Austausch im Internet mit unseren Followern ist etwas, was nach wie vor unser Erkennungsmerkmal ist. Wir lassen unsere Community nicht allein, wir mischen uns in die Debatten ein, wir stellen uns den kritischen Fragen der Zuschauer.Das macht so immer noch kein anderes Nachrichtenmagazin außer uns.

Auf Facebook haben wir junge Follower

Werden denn die angestrebten jungen, auf jeden Fall jüngeren Zuschauer erreicht?
Das Fernsehen bleibt das Medium der älteren Generation. Es war von Anfang an klar, dass wir keine Zuschauer unter 50 auf einmal wieder für ein lineares Programm begeistern können, nur weil es uns jetzt gibt. Aber auf Facebook können wir sehr gut sehen, dass wir unser Ziel erreicht haben, Nachrichten für jüngere Zuschauer zu machen. Da liegt der Altersdurchschnitt unserer Follower zwischen 25 und 34.

Was weiß der Zuschauer vom Nachrichtentag, wenn er „heute+“ einschaltet?
Nachrichten sind ja heute omnipräsent – selbst in der U-Bahn bekommt man ja mittlerweile auf Bildschirmen in kurzen Schlagzeilen mit, dass irgendwo irgendwas passiert ist. Die meisten Menschen haben außerdem auf ihren Smartphones mindestens eine Nachrichten-App, und es soll ja noch Menschen geben, die Zeitung lesen, Radio hören und Nachrichten im Fernsehen schauen. Im Zweifel haben wir also eher zuviel an News als zu wenig. Daher reduzieren wir uns auf die Themen, die wir an dem Tag am Wichtigsten fanden und suchen da entweder nach einem neuen Ansatz oder wir fokussieren uns auf das, was alle anderen Kollegen an dem Tag nicht so hoch gehängt haben. Dafür steht auch das „plus“: Wir versuchen die Welt nicht immer nur negativ zu sehen, sondern auch bewusst über konstruktive Ansätze berichten, die unsere Welt besser machen könnten.

Sie halten Vorträge über den „Medienwandel“, heißt es bei Wikipedia. Wie wandeln sie sich denn, die Medien?
Meine Vortragstätigkeit musste ich aus Zeitgründen leider komplett einstellen. Aber trotzdem beobachte ich nach wie vor den Medienwandel, beziehungsweise ich treibe ihn aktiv mit voran. Wir sind ja mitten in einem gewaltigen Umbruch: Das Internet hat die Mediengesellschaft in einem Maße beschleunigt, dass wir kaum noch hinterherkommen. Diese „Medien auf Speed“ sind auf der einen Seite faszinierend und bereichernd, auf der anderen Seite überfordern sie uns auch heftig. Da kann selbst ein gefestigtes Weltbild ein Schleudertrauma bekommen. Diese ganzen Informationen zu verarbeiten, zu sortieren und einzuordnen ist eine riesige Aufgabe, von daher gibt es eigentlich keine bessere Zeit, um Journalist zu sein. Aber gleichzeitig zeigen uns die sozialen Medien auch, was passiert, wenn Menschen anfangen, sich ihre Fakten zusammenzusuchen und dann auf Unbekannte treffen, die lieber das Gegenteil glauben möchten. Da werden aus sozialen Medien ganz schnell asoziale Medien.

Habe das Jammerlied des Vertrauensverlustes nie mitsingen wollen

Die Glaubwürdigkeit der klassischen Medien steigt wieder, richtig?
Ich hab das Jammerlied des Vertrauensverlustes in die Medien nie wirklich mitsingen wollen, denn die Frage „Vertrauen Sie den Medien?“ ist viel zu allgemein gestellt. Zwischen dem Boulevard und den öffentlich-rechtlichen Nachrichten liegen immer noch Welten. Nur weil ich einem bestimmten Medium nicht mehr vertraue, muss ich doch nicht gleich dem gesamten Journalismus die Liebe entziehen. Trotzdem ist durch das Internet klar geworden, dass Journalisten auch nur mit Wasser kochen – und manchmal ist es nicht mal lauwarm. Für die Sorte Journalisten, die sich bis dahin selber für Halbgötter mit Mikrofon gehalten haben, war das aber eine dringend nötige Rosskur. Bei manchen bin ich aber nicht sicher, ob sie gewirkt hat.

Hat die „Lügenpresse“-Debatte Ihre Arbeit verändert?
Nein, das Internet und die Möglichkeit, mir direkt Feedback zu geben und mich mit Zuschauern auszutauschen, hat meine Arbeit verändert. Heute kann ich noch während der Sendung im Netz mitbekommen, wie die Themen und meine Moderationen ankommen. Das ist auf der einen Seite manchmal ganz schön hart, vor allem, wenn ich den Kritikern Recht geben muss. Aber auf der anderen Seite werde ich durch dieses Feedback nur besser. Ich denke beim Arbeiten in mehr Richtungen, wäge ab, wie man die Dinge noch sehen kann und wähle meine Worte dann sehr bewusst aus.

Wollte ich ein angenehmes Leben, wäre ich Hauskatze geworden

Sie treten mit Ihren privaten Profilen im Netz auf. Gute, kluge Entscheidung?
Naja, ich würde meine Profile nicht „privat“ nennen, denn das sind sie nicht. Im Gegenteil: Sie sind absolut öffentlich und genau so werden sie auch wahrgenommen. Es ist ein Irrglaube, dass ich als Mensch mit meinem Klarnamen im Internet Dinge posten kann, die dann aber gefälligst wie eine Privatsache behandelt werden sollen.

Meine Internet-Profile sind aber auch keine rein beruflichen Auftritte, ich würde sie daher „persönlich“ nennen – und das sollen sie auch sein. Dort kann ich meine Sicht der Dinge darstellen und diskutieren, kann Fragen stellen und so transparent wie möglich sein. Dass das in Zeiten von Populismus nicht immer angenehm ist – keine Frage. Aber wenn ich ein Leben hätte haben wollen, das immer angenehm ist, wäre ich Hauskatze geworden.

Das Interview führte Joachim Huber.

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