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Feiner Pinkel. Also, am Outfit wird es nicht liegen, wenn Moderator Jan Böhmermann mit seiner neuen Show „Neo Magazin Royale“ grandios scheitert.

© Ben Knabe/ZDF

Interview mit Jan Böhmermann: „Lang lebe der Witz!“

Jan Böhmermann findet Y-Titty nicht lustig, sich selbst schon. Jetzt kommt „Neo Magazin Royale“.

Herr Böhmermann, wie sehr verändern Sie in der neuen Sendung „Neo Magazin Royale“ das Konzept von „Neo Magazin“?
Das Schöne daran ist, dass ich mich gar nicht groß umgewöhnen muss, weil sich bei mir nicht viel ändert. Wir haben zwei große Änderungen: ein größeres Studio und eine Liveband. Ansonsten ist die Sendung die gleiche wie vorher auch, sieht ein bisschen anders aus und es gibt ein paar Zuschauer mehr, dadurch, dass wir jetzt neben ZDFneo auch im Hauptprogramm laufen.

Der Spartensender ZDFneo bringt Ihre Show einen Tag früher in TV und Internet. Ist die Sorge zu groß, nur auf einen linearen Sendeplatz im ZDF zu setzen?

Die Zukunft des Fernsehens ist nicht linear. Und es gab vor uns noch keine Sendung, die parallel auf zwei Sendern lief, mit der Aktualität einer wöchentlichen Aufzeichnung, da sind wir Pioniere. Nun müssen wir weiterhin die Neo-Welt inhaltlich befriedigen, sind aber auch beim großen ZDF, bei dem die Programmdirektion glaubt, dass es eine gute Idee wäre, unsere Sendung den normalen ZDF-Zuschauern zuzumuten.

Werden Sie dem Hauptprogramm-Publikum erst mal erklären müssen, was es mit Facebook und Twitter auf sich hat?

Den Letzten beißen die Hunde! Wir können nicht auf das schwächste Glied in der Kette Rücksicht nehmen. Das ist nun einmal die Evolution.

Was kostet eine Folge der Sendung?

40 Mark! Oder 340 Euro … Ich weiß es gar nicht, was eine Folge kostet. Wir sind, glaube ich, eine der günstigsten Sendungen im ZDF-Hauptprogramm. Oder zumindest eine der günstigeren.

Der Gebührenzahler will wissen, was mit seinem Geld passiert.

Klar. Aber ich behaupte, der Zwangsgebührenzahler, der jeden Monat mit 17,98 Euro von seinem Lehnsherren geknechtet wird, der bekommt dafür jede Menge Fun! Und von den 17,98 bekommen wir, äh, ein Fraktal eines Cents, wenn man das umlegt auf die gesamten Rundfunkgebühren und deren Verteilung. Ich glaube, mit den 17,98 tut man Helene Fischer wesentlich mehr Gutes als uns.

Was ist der Planungshorizont?

Ich habe einen Zweijahresvertrag, die Sendung „Neo Magazin Royale“ soll es per Vertrag also zwei Jahre geben. Das ist eine sehr große Investition und ein sehr großer Vertrauensbeweis, der sich auch in Zahlen ausdrückt.

Ist Ihre Gage denn jetzt gestiegen?

Öh, weiß ich nicht genau! Mit Zahlen … ich guck immer nur … ab und zu ruft jemand vom Knax-Klub an und sagt Bescheid, dass ich mir ein Sparschwein abholen kann und ein Radiergummi und ’nen Stift, bei der Sparkasse. Alles andere, ähm, macht mein Management. Ich bin letztlich eine Marionette, auch finanziell, meines Managements.

Haben Sie im Laufe der Jahre so etwas wie eine emotionale Beziehung zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgebaut?

Klar. Ich bin dabei aber nicht nur wegen des existenzsichernden Geldflusses emotional, sondern auch, weil ich ein bisschen idealistisch und damit vielleicht auch ein bisschen naiv bin. Weil ich mir, bei aller Imperfektion, nichts Besseres vorstellen kann als ein duales Rundfunksystem.

Warum sind Sie so sehr überzeugt?

Auch wenn viel Scheiße produziert wird, bei Privaten wie bei Öffentlich-Rechtlichen – soll mich dann das „RTL-Nachtmagazin“ mit seinem nicht vorhandenen Korrespondentennetz darüber informieren, was am anderen Ende der Welt passiert? Oder soll ich die Nachrichten dann bei YouTube mit Untertiteln gucken? Gibt es nicht eventuell doch ein gesellschaftliches Interesse daran, nicht nur einen, sondern zwei öffentlich finanzierte Sender zu haben, die ein unabhängig voneinander existierendes Korrespondentennetz haben und so Informationen aus unterschiedlichen Perspektiven zurück ins Heimatland tragen?

Was Jan Böhmermann dem Publikum über sich preisgibt

Ihre RTL-Comedy „Was wäre wenn?“ wurde nach nur drei Folgen abgesetzt. Schließen sich Quotendruck und intelligenter Humor aus?

Nein, das glaube ich nicht. Abgesehen davon stelle ich jetzt mal in Abrede, dass das eine großartig intelligente Sendung war. Das Format war einfach nicht ganz ausgereift.

Genügt es Ihnen, den Zuschauer zu unterhalten?

Der Witz steht vor allem, lang lebe der Witz! Und wenn der Witz an zweiter Stelle noch etwas Intelligentes hat, etwas Aufklärerisches oder Politisches oder eine Haltung in sich trägt, dann ist das auch gut. Aber wichtig ist, dass es lustig ist. Das kann auch Bla-Bla und Nonsens sein, es muss nicht schlau sein.

Sie sagten einmal, Sie hätten einen „Performance-Zwang“. Haben Sie Angst, vor der Kamera aus Versehen in die Privatperson Jan Böhmermann zurückzufallen?
Nein, es ist eher die Angst vor Stille, tatsächlich. Vor der Kamera zu sein und zu performen, ist eine sehr befriedigende Art der Kommunikation, wenn man etwas leicht Autistisches hat. Ich bin noch nie in meine Privatperson zurückgefallen, wenn ich das nicht wollte.

Baut das keine Distanz zum Publikum auf?

Ganz im Gegenteil! Für mich ist das die ultimative Form der Kommunikation. Du kannst es lenken, und es ist für beide Seiten befriedigend. Den Leuten muss klar sein, dass das, was auf der Bühne stattfindet, eben nur dort stattfindet. Ich bin eine Art Schauspieler, der sich selbst spielt und mit Teilen seiner eigenen Persönlichkeit hantiert. Ich gebe zwar private Inhalte preis, aber das ist sehr kontrolliert und das wissen die Leute auch.

Die Rubrik „Kommentare-Kommentier-Show“ im „Neo Magazin“ ist eine Kopie des gleichnamigen Formats der YouTube-Stars Y-Titty. Jüngst haben Sie auf Twitter über das Comedy-Trio hergezogen.

Ich habe gegen Y-Titty ja gar nichts einzuwenden, ich finde sie halt nicht lustig. Und das Kommentieren von Kommentaren ist natürlich auch keine Erfindung von Y-Titty, sondern von Leuten, die das in Amerika oder England vorher gemacht haben. Fernsehen ist nun mal eine sich selbst inspirierende, ewig laufende Maschine. Wichtig ist, dass die Inhalte in den Gefäßen, an denen sich alle bedienen, originär sind.

Sie nutzen Twitter häufig als Plattform für Späße und Provokationen, Ihre Antwort auf eine Fotoabmahnung ging durch alle Medien. Ist Twitter für Sie die ideale Publicity-Maschine?

Nein, Twitter als quasi-lineares soziales Netzwerk nutze ich vor allem zur künstlerischen Bearbeitung der schrecklichen Welt da draußen – und zum Stalken sowie für private pornografische Zwecke.

Die Fragen stellte Klaas Tigchelaar.

„Neo Magazin Royale“, ZDFneo, Donnerstag, 22 Uhr 20; ZDF, Freitag, 0 Uhr

Klaas Tigchelaar

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