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Sandra Maischberger ist mit ihrer Talkshows aus der Sommerpause zurück. In ihrer Sendung am Dienstag debattiert sie über den Umgang mit Flüchtlingen.

© WDR/Peter Rigaud

Interview mit Sandra Maischberger: "Die Talkshow ist ein sehr demokratisches Medium“

Am Dienstag startet wieder „Menschen bei Maischberger“. Ein Gespräch mit der Moderatorin über Gäste, Günther Jauch - und warum sie selbst keine Talkshows schaut.

Frau Maischberger, ganz einfache Frage: Was macht Ihnen beim Talken am meisten Spaß?
Wenn Sie mich so fragen: Die Konfrontation der Theorie mit der Wirklichkeit. Ich bereite mich sehr sorgfältig auf meine Gäste und das jeweilige Thema vor. Umso größer ist dann häufig die Überraschung, wenn ein Gespräch ganz anders verläuft, als man es sich vorgestellt hat. Der große Reiz liegt für mich in der Begegnung. Und dass man die Antworten, die gegeben werden, nicht im Voraus weiß. Alles ist möglich.

Und Ihren Gästen, was macht denen am meisten Spaß?
Das müssten Sie meine Gäste fragen. Aber wenn es gut läuft, dann sagen sie meistens hinterher, dass sie es spannend fanden, Meinungen auszutauschen. Spaß ist ja nicht unbedingt die Hauptsache bei dem, was wir machen. Manche Gäste sind auch einfach nur glücklich darüber, dass man ihnen zugehört hat.

Wir hören, dass es immer schwieriger geworden sein soll, Politiker in Talkshows zu locken. Ist das so?
Wir sind mit den Zusagen eigentlich sehr zufrieden. Aber es will nicht jeder mit jedem sprechen. Und viele Politiker reden nicht gerne über Persönliches. Das lässt sich aber in meinen Sendungen nicht immer vermeiden – gerade bei meiner WDR-Sendung „Ich stelle mich“. Ich kann das sogar verstehen. Wenn Sie in einer Talkshow etwas sagen, was kontrovers aufgefasst werden könnte, dann finden Sie es gleich tausendfach kommentiert im Netz wieder. Das gefällt nicht jedem. Und wem das gefällt, der geht gleich ins Netz, über Twitter zum Beispiel. Da hat den großen Vorteil, dass er sich nicht live rechtfertigen muss.

Ist das Internet Ihr größter Konkurrent?
Eher im Gegenteil: Ich finde, dass sich Internet und Fernsehen gegenseitig befruchten. Alles, was im Netz passiert, wird doch erst dann wirklich wichtig, wenn auch die klassischen Medien darüber berichten. Und solange das noch so ist, mache ich mir keine Sorgen.

Die Talkshows können also einfach so weitermachen wie bisher?
Wenn sie wollten, ja. Das Fernsehen kann etwas geben, was das Internet nicht kann: die Gewissheit, etwas zeitgleich mit vielen anderen zu sehen. Im Internet surft jeder zu unterschiedlichen Zeiten für sich allein. Fernsehen bedeutet Gemeinschaftserlebnis. Das gilt auch für die Talkshow und macht sie so einzigartig. Solange es Fernsehen gibt, wird die Talkshow darin einen festen Platz haben, davon bin ich überzeugt. Weil es ein Grundbedürfnis befriedigt: Menschen reden mit und über andere Menschen. Und das interessiert die Menschen.

Ist die Talkshow dann am stärksten, wenn sie schnell und aktuell auf Ereignisse reagiert?
Ja, und wenn sie dann auch noch Meinungen transportiert. Es ist ein großes Missverständnis zu glauben, die Talkshow sei in erster Linie ein Informationsmedium. Natürlich vermittelt sie auch Informationen. Aber vor allem geht es um Meinungsbildung. Wenn eine Talkshow gut läuft, dann haben sie in einer knappen Stunde erfahren, was es zu einem Thema an unterschiedlichen Meinungen gibt und können sich selbst besser eine Meinung bilden. Die Talkshow ist ein sehr demokratisches Medium und in dieser Funktion auch unverzichtbar, finde ich.

Jetzt haben Sie die Talkshow aber ganz schön hoch gehängt.
Überrascht Sie das? Es ist doch so einfach, Talkshows in die Pfanne zu hauen. Das falsche Thema, die falschen Gäste, die falschen Fragen – alles klar. Aber wir sind nicht dazu da, in einer Stunde Probleme zu lösen, die auch die Uno nicht in Jahrzehnten bewältigt. Wir sind dazu da, das Meinungsbild des Zuschauers zu schärfen. Das kann man gering schätzen. Man kann aber auch sagen: Das ist eine wichtige Funktion in einer Demokratie.

Aber genau das wird ja oft kritisiert: dass nur palavert wird und nichts geschärft.
Ich habe in den vergangenen Wochen die Talkshows im deutschen Fernsehen sehr genau beobachtet. Nehmen wir das Thema Griechenland. Es gab nicht ein Argument, das eine gewisse Relevanz hat, das nicht genannt worden wäre. Ich verstehe nicht, wie man das kritisieren kann.

Sind Sie es nicht längst leid, sich und Ihre Talkshow immer nur verteidigen zu müssen? Das muss doch furchtbar nerven.
Nein. Es ist doch so: Menschen lesen gerne Verrisse und sie lesen offenbar besonders gerne Verrisse von Talkshows. Ein menschliches Bedürfnis, das sich online sehr gut verkaufen lässt. Wenn mir Zuschauer schreiben und ich merke, dass ihnen ein Thema wichtig ist, dann nehme ich das ernst. Den meisten antworte ich auch, wenn es meine Zeit erlaubt. Aber diesen ganzen professionellen oder anonymen Shit, den ignoriere ich. Das müssen Sie mir nachsehen. Ich lese so was nicht.

In der ARD wird es 2016 nur noch drei Talkshows geben. Was sagt uns das?
Das sagt mir, dass ich mich thematisch nur noch mit zwei Kollegen abstimmen muss anstatt mit vieren. Für mich wird es also einfacher.
Was ist „Menschen bei Maischberger“? Eine politische Talkshow oder eine Talkshow, die manchmal auch politisch wird.
Nennen Sie’s, wie Sie wollen. Ich habe immer eine aktuelle Talkshow gemacht, so nenne ich das.

Sind Sie ein Talkshow-Junkie?
Als Zuschauer, nein. Dazu bin ich nicht unbefangen genug. Als Macher aber auch nicht. Ich kann mir kein Leben ohne Journalismus vorstellen. Ich bin immer noch leidenschaftlich gern Journalistin und ich befrage immer noch leidenschaftlich gern Menschen. Ob für einen Film oder für eine Talkshow, das ist egal. Und wenn ich es nicht fürs Fernsehen machen würde, dann täte ich’s woanders.

Workaholic, oder?
Creativ-Workaholic würde ich es nennen. Ich finde es unglaublich spannend und ein Privileg, mich beruflich mit so vielen Menschen und Meinungen auseinandersetzen zu können. Dabei schieße ich vielleicht manchmal übers Ziel hinaus und arbeite zu viel. Das kann schon sein.

Könnten Sie ohne Talkshow leben?
Hab’ ich doch schon. Es gab etliche Jahre in meinem Berufsleben, in denen ich im Fernsehen nicht stattfand. In der Zeit habe ich für Magazine und andere Medien gearbeitet. Hat auch großen Spaß gemacht.

Günther Jauch wird die ARD als Talker Ende des Jahres verlassen. Werden Sie ihn vermissen?
Muss ich doch gar nicht. Günther ist und bleibt mein Lieblingsmoderator bei „Wer wird Millionär?“.

Das Interview führten Thomas Eckert und Joachim Huber.

„Menschen bei Maischberger“, ARD, Dienstag, 22 Uhr 45

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