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Verbotene_Liebe

© ARD

Interview: „Wir müssen überhöhen“

3000 „Verbotene Lieben“, 3000 Dramen und Tragödien: Soap-Schmied und Grundy Ufa-Chef Rainer Wemcken über die Lust auf die Scheinwelt.

Herr Wemcken, nach den Erfolgen von „Bianca – Wege zum Glück“, der ersten deutschen Telenovela 2004, und „Verliebt in Berlin“ wurde vom neuen TV-Phänomen geredet: Telenovelas. Dabei gibt es die Soap „Verbotene Liebe“ viel länger.

Ja, zwölf Jahre, heute wird die 3000. Folge ausgestrahlt. Es ist sicher eine große Kunst, so etwas wie „Verbotene Liebe“ oder „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ so lange auf einem Sender zu halten. „Verliebt in Berlin“ war auch eine Riesengeschichte, mit allem, was dazugehört. Leider endet das am 12. Oktober.

Der Abgang von Alexandra Neldel …

Wir wussten, wie sehr die Zuschauer an ihrer Hauptfigur Lisa Plenske hängen. Doch lief „Verliebt in Berlin“ am Ende nicht so schlecht, sondern überm Senderschnitt. Im Unterschied zur Telenovela mit einem Protagonisten erzählen Soaps mehrere Stränge parallel. Dadurch wurden „VL“, „Unter uns“ und „GZSZ“ über all die Jahre und Schauspielerwechsel großartige Programmmarken. Durch die Fragmentierung des Marktes sind solche TV-Marken, die täglich ein Millionenpublikum binden, für die Sender von immenser Wichtigkeit. Mittlerweile laufen werktags neun Soaps und Telenovelas.

Passt da nach dem Ende von „Verliebt in Berlin“ überhaupt noch was rein?

Ich glaube, dass weitere tägliche fiktionale Programme ihren Platz finden – vorausgesetzt, die Geschichten stimmen. Sat 1 plant, den Sendeplatz wieder mit einer Telenovela zu belegen.

Soaps sind Billigware, produktionstechnisch. Pro Woche werden fünf Folgen gedreht. Die 3000. Folge von „Verbotene Liebe“ hat man sich was kosten lassen.

Ja, mit zwei Doppelfolgen und einem Außendreh in Paris. Aus dieser einen Paris- Folge hätten wir sicher auch fünf oder sechs Studio-Folgen machen können.

Wenn das Günter Struve wüsste, der Programmchef der ARD. Von wegen Soaps als kosteneffizientes Programm.

Dr. Struve ist stolz auf uns. Er hat die Nachmittags-Soap-Schiene in der ARD Mitte der 90er mit großem Mut initiiert. 2005 wurde „Verbotene Liebe“ mit der „Goldenen Rose“ als weltbeste Soap ausgezeichnet. Wir fahren durchschnittlich täglich 15 Prozent Marktanteile ein, mit rund 2,5 Millionen Zuschauern.

Lesen die auch Botho Strauß?

Ja, wieso?

„Verbotene Liebe“ gilt in der Branche als Intellektuellen-Soap.

Das stimmt. Ich frage die meisten Frauen, die sich bei uns bewerben: Welche unserer Serien kennen Sie? Die häufigste Antwort darauf lautet: „Verbotene Liebe“, das habe ich während meines Studiums geguckt. Freunde in der Werbung sagen mir: „Alles kenne ich nicht, was Ihr produziert, aber ,VL‘ gucke ich immer.“

Machen die das heimlich?

Vielleicht verschwimmen die Grenzen immer mehr, was Zielgruppen betrifft, männer- und frauenaffines Fernsehen.

Klassischerweise wissen Sie aber schon, was junge Frauen sehen wollen.

Wenn Sie das sagen. Jede fünfte Frau unter 30, die zu der Zeit fernsieht, schaut „Verbotene Liebe“. Jeden Tag, das ganze Jahr hindurch.

Diese Geschichten über Sehnsucht, Neid, Intrigen, Geschwisterliebe in einer Luxuswelt, das sei Realitätsflucht, klischeehafte Polaritäten, sagen Kritiker. Nutzt sich das nicht irgendwann ab?

Wir müssen bei all den wiederkehrenden Mustern natürlich immer aufpassen, dass das nicht ganz so alltäglich ist, sondern auch überhöht. Eine realitätsferne Scheinwelt, gerade in der Adelswelt der von Lahnsteins, den gutaussehenden Protagonisten der „Verbotenen Liebe“.

Wie plant man als Produzent einer Endlos-Soap eigentlich die Ewigkeit?

Die Schauspielerverträge sind nicht so langfristig, die werden von Jahr zu Jahr abgeschlossen. Die Soap-Geschichten müssen immer weiterentwickelt werden. Da kann es passieren, dass Darsteller nach einer Zeit neue Wege gehen möchten oder wir Charaktere aus dramaturgischen Gründen rausschreiben. Bei „Verbotene Liebe“ haben wir mal eine ganze Familie quasi aussterben lassen.

Per Meteoriteneinschlag?

Nein, mit einem Anschlag beziehungsweise Unfall.

Das Gespräch führte
Markus Ehrenberg.

Rainer Wemcken, Geschäftsführer Grundy Ufa, produziert u. a. „Verliebt in Berlin“ und die Daily Soap „Verbotene Liebe“ (seit 1994). Am 5. September läuft die 3000. Folge (ARD, 17 Uhr 55).

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