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Intrigenstadl: Sechs gegen Buhrow

Eine Nebentätigkeit, die zur NDR-Intrige wird

Tom Buhrow steht im Zentrum. Vor allem an seiner Person wird erneut die Frage diskutiert, wie viele und welche Nebentätigkeiten ein öffentlich-rechtlicher Moderator neben seinem gutdotierten Haupterwerb wahrnehmen darf. Dass der „Tagesthemen“-Moderator Buhrow es wie andere im ARD-Rund und beim ZDF darf, das steht für die betroffenen Intendanzen außer Frage.

Innerhalb der Anstalten bestehen andere Ansichten, zum Beispiel beim NDR. Der NDR ist für ARD-aktuell verantwortlich, das „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ produziert. Buhrow arbeitet für ARD-aktuell, arbeitsrechtlich verantwortlich ist der NDR. Der frühere Washington-Korrespondent hat im September 2008 alles richtig gemacht, als er das ARD-Standardformular „Anzeige einer Nebentätigkeit/Antrag auf Genehmigung einer Nebentätigkeit“ ausgefüllt hatte. Der Antrag wurde von seinen Vorgesetzten bei ARD-aktuell und vom Justiziariat genehmigt sowie dem Fernsehdirektor zur Kenntnis gebracht. Eine Kopie verschwand in einer fremden Schublade.

Im Angesicht der Finanzkrise sagte die Deutsche Bank die entsprechende Veranstaltung ab, die vermittelnde Agentur pochte trotzdem auf Zahlung der Gage von 20 000 Euro, davon soll bei Buhrow ein Zehntel angekommen sein. Summe und Antrag fanden – die Geschichte spielt immer noch im NDR – ihren Weg zum Medienmagazin „Zapp“. Dessen Leiter Kuno Haberbusch, einem ebenso investigativen wie integren Journalisten, sind Nebentätigkeiten öffentlich-rechtlicher Mitarbeiter stets ein Dorn im Auge gewesen. Seine Redaktion recherchierte das Thema senderübergreifend – heraus kam der zündende Beitrag in der „Zapp“-Ausgabe vom 17. Juni. Für Haberbusch quasi sein krönendes Abschlussstück, er gibt die „Zapp“-Leitung ab und wird sich für NDR/ARD um Investigatives kümmern.

Mittlerweile war auch die „Bild“-Zeitung mit von der Partie, es kam zu Arbeitsteilung und Absprache. „Zapp“ berichtete vorneweg, „Bild“ zog am vergangenen Freitag nach. Im NDR, Abteilung ARD-aktuell, wurde ebenfalls nachgelegt, alldieweil sich die mediale Diskussion nicht auf Buhrow allein fokussierte. Sechs alleinvertretungsberechtigte Redakteure, das ist quasi die nachgeordnete Kompetenzreihe hinter Chefredakteur Kai Gniffke und dessen Stellvertreter Thomas Hinrichs, formulierten und unterschrieben einen Brief an Tom Buhrow, in dem sie die journalistische Unabhängigkeit eines „Tagesthemen“-Moderators mit Nebenerwerb in Zweifel zogen. Dieser Brief blieb nicht in den eigenen Reihen, er wurde öffentlich gemacht.

Eingeweihte in Hamburg sagen, diese (Rund-)Briefaktion sei, anders als der „Zapp“-Rundumschlag, direkt auf Buhrow gerichtet. Buhrow gilt als „lockerer, amerikanischer Typ“, der seine Moderationstage schon mal lässig gestalte. Er könnte besser und konzentrierter arbeiten, lautet der Vorwurf. Der Fall erinnert an Alexander Niemetz, jenen Moderator des „heute-journals“, von dem sich das ZDF seiner Nebentätigkeiten wegen trennte. Allerdings ging es bei Niemetz um eine Vertragsverlängerung, der Kontrakt mit Buhrow wurde im März dieses Jahres erneuert. Zuschauerbefragungen haben zudem ergeben, dass das Publikum Buhrow schätzt. NDR-Intendant Lutz Marmor und Fernsehdirektor Frank Beckmann stehen jedenfalls entschiedener hinter Buhrow denn je. Bei ARD-aktuell herrscht Heulen und Zähneklappern.

Die Botschaft der NDR-Spitze: Eine Intrige im NDR gegen NDR-Interessen, die darf nicht sein. Und über künftige Anträge wg. Nebentätigkeiten muss intensiv nachgedacht werden. So fehlt im Formular die Spalte „Summe“. Joachim Huber

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