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Stimmung besser als die Zahlen. Nur 1,1 Millionen Zuschauer wollten bei Sat 1 miterleben, wie Johannes B. Kerner in einer BVB-Kneipe Meistertrainer Jürgen Klopp traf.

© dpa/Sat 1

Jahresrückblick bei Sat 1: Finale für Kerner

Johannes B. Kerner hat seine Sat 1-Sendung „Kerner“ fertig. Seine Kritiker wussten schon vorher, warum die Sendung gescheitert war. Am Schluss wusste es auch Kerner und scheiterte trotzdem ein letztes Mal - mit einem Jahresrückblick.

Ach herrje, Kerner also, zum letzten Mal, er hört dann ja auf, der Jahresrückblick vom Donnerstag war die letzte Sendung mit seinem Namen für Sat 1, danach, so kündigte er es selbst an, sei Schluss damit. Und so, wie fast alle Kritiker Gottschalk nur noch lobten, als er seinen Rücktritt bekannt gab, lobten plötzlich alle Kerner.

Für seinen Jahresrückblick kann man den Mann aber weder loben noch tadeln, Jahresrückblicke sind mit das Schwerste, eigentlich sind sie eine Zumutung, weil man von den Ereignissen abhängig ist, von den Gästen, die man bekommt. Und deshalb wohl entschieden sich Kerner und seine Redaktion gegen ein Studio, gegen die Show, sondern machten aus dem Jahresrückblick eine Reise, Kerner unterwegs quasi, aber sie nannten das dann „2011 – ganz nah!“. Aber wenn man das dann bis zum Schluss gesehen hat, war das alles doch sehr weit weg.

Kerner traf eine englische Oma, die Räuber in die Flucht schlug. Er traf die 16-jährige Thessa, die aus Versehen auf Facebook mehr als 2000 Menschen eingeladen hatte. Mit Dirk Nowitzki spielte er Basketball, er traf Deutsche in Fukushima, er sprach mit Lady Gaga und Til Schweiger, und er ging mit Jürgen Klopp in eine Fankneipe von Borussia Dortmund. Am Ende schien das Jahr 2011 hauptsächlich auf den bunten Seiten der Zeitungen stattgefunden zu haben. Dann ging das Licht aus und Kerner verschwand im Dunkeln.

Er hat es einem ja nicht leicht gemacht in den vergangenen Jahren – aber als er anfing, hatte er es einem dafür um so leichter gemacht. Als Kerner Mitte der 90er Jahre mit Reinhold Beckmann auf Sat 1 die Bundesligasendung „ran“ moderierte, da revolutionierten die beiden die Art und Weise, wie Fußball im Fernsehen gezeigt wurde. Und Johannes B. Kerner wurde verglichen mit Dieter Kürten und mit Harry Valérien, und er bot tatsächlich Anlass zu großen Hoffnungen, denn er konnte moderieren und kommentieren, aber dann machte er etwas, was er nicht so gut konnte: Er bekam eine Talkshow, da fing er an zu reden und damit hörte er nicht mehr auf.

Er redete dann sehr lange im ZDF, und da ging er vielen Fernsehkritikern ganz furchtbar auf die Nerven. Und als Kerner nach seinem Wechsel zu Sat 1 dann ins Quotenloch stürzte, da freuten sich dieselben Kritiker über den Fall des Johannes B. Kerner.

Ich habe Kerner damals getroffen und ein Interview mit ihm fürs „Zeit“-Magazin geführt. Das Gespräch war angenehm, er erzählte interessante Dinge, aber manche sehr interessanten Dinge durfte ich später nicht mehr schreiben, er autorisierte sie nicht, was sein gutes Recht ist. Und er sprach über das EM-Spiel England gegen Portugal, das er 2004 für das ZDF kommentierte. Es war sein letztes Spiel als Kommentator, er entschied sich nach dem Abpfiff, dass er nie wieder kommentieren werde, weil er ahnte, dass er es nicht besser könnte als an diesem Abend. Er sagte auch: „Wenn ich dieses Gefühl, das ich damals hatte, nach einer Sendung haben sollte, dann mache ich sofort Schluss.“

Er hat dieses Gefühl in den vergangenen Monaten wohl nicht gehabt, etwas anderes muss ihn zum Schlussmachen mit „Kerner“ getrieben haben. Vor kurzem sagte er dem Branchendienst DWDL: „Ich habe mich zuletzt beim Moderieren der Sendung und beim Anschauen manchmal gefragt, ob das noch die Sendung ist, die zu mir passt… Tatsächlich bewerte ich so eine Sendung auch inhaltlich.“

Vielleicht hat man Johannes B. Kerner in den vergangenen Jahren sehr viel Unrecht getan.

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