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Markus Lanz war Gastgeber des großen Jahresrückblicks "Menschen 2012".

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Jahresrückblick "Menschen 2012": Markus Lanz kann's doch

Sonntagabend lief im ZDF dreieinhalb Stunden lag der Jahresrückblick „Menschen 2012“ moderiert von Markus Lanz. Dreieinhalb Stunden. Länger als „Wetten, dass...?“. War aber auch besser. Jedenfalls teilweise. Am Ende wurde dann allerdings alles ganz furchtbar.

Jetzt ist aber auch mal langsam gut: mit diesem Jahr, mit diesem Rückblicksgetue und irgendwie auch mit dieser Anti-Markus-Lanz-Stimmung. Alle drei Dinge sind dann am Ende doch ein wenig zu langweilig, ein wenig zu vorhersehbar, ein wenig zu unoriginell.

Der Reihe nach: Jahresrückblicke sind in der Regel ganz furchtbar, weil man in solchen Sendungen eigentlich nur Geschichten erzählen kann, die der Zuschauer schon kennt – sonst hätten diese Geschichten in einem Rückblick nichts zu suchen. Nun müssen aber Geschichten, die man schon kennt, wahnsinnig spannend sein, damit man sie auch ein zweites Mal hören will. Das sind aber die wenigsten, und die erste Geschichte in „Menschen 2012“ war dann auch die Geschichte über den Erfolgsfilm „Ziemlich beste Freunde“, der in diesem Jahr vor allem für hundert Variationen dieses Titels für Überschriften gesorgt hat. Ansonsten weiß man alles über den Film, alles über die Hintergründe, sogar Markus Lanz schien stellenweise gelangweilt, das passiert nicht oft. Und als er sich dann mit der Wintersportlerin Magdalena Neuner über ihren Rücktritt unterhielt, passierte auch etwas Seltenes: Lanz zeigte endlich einmal, was er kann, nämlich ein Gespräch führen, mit einer Person. Da stimmte plötzlich alles: die Stimmung, die Tonlage, das Tempo – Lanz bot seinem Gegenüber Raum, das tat er bereits am Donnerstag bei der großen Gottschalk-Gala. Man muss es jetzt auch einmal mal genau so aufschreiben: Markus Lanz kann sehr gut ein Gespräch führen. Er bereitet sich akribisch auf seine Gesprächspartner vor. Er kennt die Hintergründe, er weiß, wo er mit dem Gespräch hin will und er übernimmt dabei geschickt die Führung. Jeder, der etwas anderes behauptet, hat ein persönliches Problem mit Markus Lanz, das in Fernsehkritiken nichts zu suchen hat.

So wie es leider in Sendungen mit Lanz nichts zu suchen hat, wenn er „was macht“. Schießen gegen Neuner? Zündet nicht, weil es keinen Sinn macht. Wenn etwas im Fernsehen keinen Sinn macht, muss es wenigstens komplett irre sein, aber das wiederum passt nicht zu Markus Lanz.

Und eigentlich kann man auch aus einem Jahresrückblick keine Fernsehsendung machen: weil so ein Jahr da auch nicht hineinpasst, weil es keine Dramaturgie hat, keinen Aufbau, keine Logik. Am Sonntagabend waren die Gäste: eine Frau, die für Pinguine kleine Pullis strickt, die Halbschwester von Barack Obama, eine 87-Jährige, die turnt, drei Frauen, die bei Schlecker gearbeitet haben und die nach ihren Kündigungen wieder Fuß gefasst haben, der SPD-Politiker Kurt Beck, Pirat Johannes Ponader. Und es verblüfft dann doch, dass Lanz in der Lage ist, mit all diesen Menschen zu reden, selbst wenn es auch ihn sichtlich anstrengt: Auf die Erkenntnis des Piratenpolitikers Ponader „aber Selbstironie ist wichtig!“ sagte Lanz: „Selbstironie ist wichtig.“ Und im Prinzip unmöglich.

Was war sonst vor 4,51 Millionen Zuschauern? Lanz durfte Klavier spielen mit diesen Hutträgern von BossHoss, die das ZDF tatsächlich eingeladen hat, weil irgendwelche ZDF-Redakteure wohl wirklich glauben, dass „The Voice of Germany“ eine gute Fernsehshow ist. Aber wer hat eigentlich Martin Heidemanns eingeladen? Heidemanns ist bei „Bild“, er hat mit Nikolaus Harbusch ein Buch geschrieben über die „Affäre Wulff“, das in diesen Tagen erschienen ist. Zusammen mit seinem Kollegen hat er den renommierten Henri-Nannen-Preis gewonnen für deren Aufdeckung, die Rolle der „Bild“ kann in diesem Zusammenhang allerdings so oder so bewertet werden. Der Bruder von Martin Heidemanns, Markus Heidemanns, ist der Geschäftspartner von Markus Lanz und Geschäftsführer der Produktionsfirma mhoch2, die unter anderem für die Talkshow „Markus Lanz“ und jetzt auch für „Wetten, dass...?“ mitverantwortlich ist.

Vielleicht ja Zufall. Jedenfalls saß dann am Ende dieses Jahresrückblicks schon wieder eine Runde zusammen, aber Runden sind tatsächlich nicht die Stärke von Lanz – da scheint er eine merkwürdige Angst zu haben, unterzugehen; dabei hätte er vor dieser Runde keine Angst haben müssen: Der Gewichtheber Matthias Steiner mit seiner Frau, die beiden Olympiagewinner im Beachvolleyball und Bülent Ceylan.

Apropos Bülent Ceylan: Bei ihm handelt es sich um das größte Missverständnis des Fernsehens im Jahr 2012. Nicht bei Markus Lanz. Der war am Sonntagabend gar nicht mal schlecht.

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