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Medien: Jamaika-Koalition: Sender streiten um Worterfindung

Am Anfang stand die „Schwampel“. Mit diesem Kunstwort wurde bis zum Wahlsonntag eine schwarze Ampel-Koalition zwischen CDU, FDP und Grünen bezeichnet.

Am Anfang stand die „Schwampel“. Mit diesem Kunstwort wurde bis zum Wahlsonntag eine schwarze Ampel-Koalition zwischen CDU, FDP und Grünen bezeichnet. Keiner glaubte so recht an eine derartige Konstellation, deshalb störte sich niemand an der klanglich wie politisch gewöhnungsbedürftigen „Schwampel“. Das änderte sich, als mit den ersten Hochrechnungen das Exotische zur realen Option wurde. Plötzlich schwelgten alle Kommentatoren in karibischen Wortgefilden, die wohlklingende „Jamaika-Koalition“ hatte die „Schwampel“ abgelöst.

Wer aber hat den Begriff erfunden? Laut ARD hat Jörg Schönenborn Jamaika rhetorisch als Erster besetzt. Mit Hilfe einer Flaggendatenbank fand er die Formulierung für die schwarz-gelb-grüne Koalition, heißt es auf tagesschau.de. „Jamaika ist das Einzige, was wir mit dieser Farbkombination gefunden haben“, wird Schönenborn zitiert. Dagegen betonen die Kommentatoren des ZDF, ihr Experte, der Politologe Karl-Rudolf Korte, habe Jamaika ins politische Deutschland geholt. Darauf insistierte gestern Mittag nochmals Peter Hahne in einer Sondersendung: „Wir müssen jetzt erst mal Copyright-Schutz wahren“, sagte Hahne, ehe er Korte die Gelegenheit gab, seinen Claim abzustecken. Bereits vor einer Woche habe er im „Morgenmagazin“ diesen Begriff erstmals verwendet, so Professor Korte.

Tatsächlich können weder Schönenborn noch Korte das Urheberrecht für sich reklamieren. Im Oktober 2004 hielt der Bürgermeister von Dormagen, Reinhard Hauschild (CDU), ein Plädoyer für eine schwarz-gelb-grüne Koalition, die er als „Jamaika-Koalition“ schmackhaft zu machen versuchte – ohne Erfolg. Drei Tage später wurde Hauschild in einer Stichwahl abgewählt.

Torsten Gellner

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