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Jesse Eisenberg spielt Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

© Reuters

Jesse Eisenberg: "Facebook ist wichtiger als Freundschaft"

Der Film "The Social Network" zeigt Mark Zuckerberg als sozial inkompetent. Aber Jesse Eisenberg bewundert ihn. Ein Interview mit dem Schauspieler über seine Rolle als Facebook-Gründer.

Herr Eisenberg, viele Leute halten Mark Zuckerberg für ein „Arschloch“. Wie ist es, solch eine Person zu spielen?
Für mich war nur wichtig, wie ich über meine Rolle als Mark Zuckerberg denke. Und ich mag ihn. Er ist ein Mensch, der sich mit persönlichen Beziehungen zu anderen Leuten schwer tut, der Freundschaft will, sich aber nicht traut, zu schüchtern ist. Anstatt sich selbst zu bemitleiden, hat er diese bemerkenswerte Plattform, hat er Facebook erfunden.

Die Gründungsgeschichte der Plattform wird in „The Social Network“ aus verschiedenen Perspektiven erzählt: Aus Zuckerbergs und der seiner Freunde und Geschäftspartner, die sich von ihm betrogen fühlen. Welcher Sichtweise glauben Sie?

Der meiner Rolle natürlich. Ich kann keinen Charakter spielen, mit dem ich nicht einer Meinung bin. Auch wenn ich selbst anders handeln würde, musste ich einen Weg finden, Mark zu verstehen, ihn sympathisch zu finden und sein Handeln zu verteidigen. In seiner Sichtweise wollte sein Freund und Partner Eduardo Facebook in eine falsche Richtung lenken. Für Mark war die Firma wichtiger als die Freundschaft. Man kann das verwerflich finden. Ich finde es bewundernswert.

In den USA läuft der Film seit einer Woche. Gab es Reaktionen von Zuckerberg?

Anfangs waren die Leute von Facebook nicht glücklich über den Film. Mark hat ihn jetzt gesehen, und er hat meinem Cousin, der seit einer Weile bei Facebook arbeitet, gesagt, dass ich gute Arbeit geleistet habe. Er scheint mit dem Film leben zu können.

Könnte das negative Bild, das der Zuschauer von Zuckerberg bekommt, dem Netzwerk schaden?

Ich glaube nicht, dass jemand wegen des Films seinen Facebook-Account löschen wird. Es ist ja eigentlich kein Film über Facebook, die Geschichte würde auch funktionieren, wenn Mark ein Auto erfunden hätte. Kinobesucher haben gesagt, nach dem Film wollten sie am liebsten Eier gegen Mark Zuckerbergs Haus werfen, und dann an seine Tür klopfen, um ihm beim Saubermachen zu helfen.

Eigentlich geht es um Themen wie Loyalität, Freundschaft, Betrug …

Richtig, Facebook ist da Nebensache. Der Film handelt eigentlich davon, wie der Erfolg Leute verändern kann und wie etwas, das im intimen Umfeld eines College-Wohnheims erfunden wird, in kurzer Zeit die Welt erobern kann. Der Film äußert im Prinzip keine Meinung über Facebook.

Aber der Film zeigt Mark Zuckerberg als eine Person, die keinen Respekt vor der Privatsphäre anderer hat. Kommen da nicht einige ins Grübeln, ob sie in dem Club Mitglied sein wollen, wo so einer der Chef ist?

Das ist ein guter Punkt. Aber Facebook ist heute eine Riesenfirma, und sie wird nicht mehr allein von dem 19-Jährigen geleitet, den man im Film sieht. Ich glaube nicht, dass man aus den Handlungen von Mark im Film ableiten kann, wie er heute sein Unternehmen leitet.

Sie haben Mark Zuckerberg nie getroffen. Wie haben Sie sich vorbereitet?

Ich habe jeden Artikel über ihn gelesen, ich habe ihn mir auf meinem iPod angehört, ich habe sogar Fechtunterricht genommen, weil Mark gerne fechtet.

Sie haben nicht mal einen Facebook-Account, oder?

Nein. Vor dem Film hatte ich eine etwas zynische Einstellung zu Facebook. Ich dachte, das sei was, womit Teenager ihre Zeit vergeuden. Inzwischen habe ich gemerkt, dass es ein tolles Werkzeug ist, um Leute miteinander in Verbindung zu bringen. Meine Mutter ist 56 und hat Freunde von vor 40 Jahren auf Facebook gefunden. Ich bin aber in einer anderen Situation. Ich bin Schauspieler, und bin nicht bei Facebook, weil ich kein Interesse daran habe, mehr über mich online preiszugeben, als ohnehin schon über mich bekannt ist.

Facebook hat jetzt 500 Millionen Mitglieder. Hinter dem Erfolg muss noch mehr stecken als die Chance, alte Freunde finden.

Mich wundert der Erfolg nicht. Facebook schafft eine perfekte Illusion von sozialen Beziehungen und Interaktionen. Wir können uns so darstellen, wie wir uns am liebsten sehen. Wir können unsere besten Seiten zeigen und die schlechten verbergen.

Das scheint auch für Mark Zuckerberg sehr wichtig gewesen zu sein. Im Film zumindest ringt er ständig um Anerkennung und Aufmerksamkeit.

Ja, Mark hat Facebook erfunden, weil er sich in Harvard unwohl fühlte. Er suchte einen Weg, sich in die Gemeinschaft zu integrieren und sich auf eine Weise auszudrücken, die für ihn die beste ist. Er ist einer von denen, die auf einer Party in der Ecke stehen, während die anderen sich fröhlich unterhalten – obwohl er versteht, wie soziale Beziehungen funktionieren. In der Plattform Facebook manifestiert sich die Person Mark Zuckerberg.

In „Social Network“ sieht es so aus, als hat der Erfolg von Facebook auch damit zu tun, dass die Seite Leuten dabei hilft, Sex zu haben.

Das ist ein wichtiger Teil der menschlichen Natur. Facebook hat sehr gut verstanden, wie Menschen ticken. Deshalb spielen Dating und Sex natürlich eine Rolle.

Im Film kommt auch Bill Gates vor. Könnten Sie sich einen Film über die Geschichte des Microsoft-Gründers vorstellen?

Wenn „The Social Network“ viel Geld einspielt, können Sie damit rechnen, dass Hollywood einen Film über Bill Gates oder Apple-Chef Steve Jobs macht. Wenn in Hollywood etwas Erfolg hat, wird versucht, es so oft wie möglich nachzumachen.

Ihr Mark Zuckerberg ist anders als die Computer-Nerds, die man sonst aus Hollywood kennt.

Ich mag diese Schubladen nicht – der Nerd, der Computerfuzzi. Marks Charakter ist vielseitiger, als dass man ihn in einen solchen Begriff pressen könnte. Manche Leute werden sich mit ihm identifizieren können, manche nicht. Das liegt daran, dass er so real ist. Solche Charaktere gibt es normalerweise in Filmen gar nicht. Die sind zu schwer zu schreiben. Hollywood will einfacher gestrickte Charaktere, mit denen das Publikum möglichst leicht klarkommt.

In Deutschland wird darüber diskutiert, wie Facebook oder auch Google mit den Daten umgehen, die sie von den Nutzern bekommen. In den USA wundern sich viele über diese Debatten. Warum?

Weil in den USA alle berühmt werden wollen.

Das Interview führten Christian Helten und Joachim Huber.

BIOGRAFIE

Der Theater- und Filmschauspieler Jesse Eisenberg, geboren am 5. Oktober 1983 in New York City, begann seine Karriere 1999 mit der US-Fernsehserie „Sechs unter einem Dach“. Es folgten zahlreiche Kinoproduktionen wie „Sex für Anfänger“ (2002), „Der Tintenfisch und der Wal“ (2005) oder „Wenn der Jäger zum Gejagten wird“ (2007). Für verschiedene Off-BroadwayBühnen hat er Stücke geschrieben, für das Musical „Me Time!“ Musik und Text. In dem Film „The Social Network“, der heute in den deutschen Kinos anläuft, spielt Eisenberg den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

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