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Joachim Huber: "Anwälte" lassen alle scheitern

Ein Kommentar.

Diese Qualitätsdebatte sollte direkt auf dem Bildschirm ausgetragen werden. Die öffentlich-rechtliche ARD gegen den kommerziellen Sender RTL hieß die Paarung, die Wahl der Programm-Waffen war schnell entschieden: „Die Anwälte“. Der Privatsender hatte die Serie produzieren lassen und Anfang Januar gestartet. Nur 2,58 Millionen Zuschauer wollten Kai Wiesinger und den Rest der Kanzlei-Gang sehen. RTL, geschockt von der schmalen Nachfrage, stellte die Ausstrahlung nach der Auftaktfolge sofort ein. Sieben Episoden wanderten in den Giftschrank.

Dort holte sie die ARD raus, die Tochter Degeto kaufte „Die Anwälte“ für kolportierte vier Millionen Euro ein. Beim Start Ende Oktober schalteten 2,93 Millionen Zuschauer ein; seitdem ging es beharrlich abwärts, an diesem Montag wurde mit Folge vier der Tiefpunkt erreicht – gerade mal 1,98 Millionen vor dem Schirm. Immerhin, das Erste will die Serie komplett ausstrahlen. Das ist ehrenvoll.

Was aber ein Coup werden sollte, endet als Desaster. Die Hoffnung der ARD, mittels eines fürs Privatfernsehen produzierten Produktes ein jüngeres Publikum zu gewinnen, ist geplatzt. Bei den 14- bis 49-Jährigen, der eigentlichen Zielgruppe der Privaten, kommen „Die Anwälte“ via ARD auf knapp eine halbe Million Zuschauer. Das ist wenig mehr als nichts.

Klar ist, dass es selbstverständlich auch am Produkt liegen muss, wenn eine Serie so unmissverständlich vom Gesamtpublikum abgelehnt wird. „Die Anwälte“ scheitern nicht an der sagenhaften Qualität, sie sind halb gut, halb schlecht, sie liegen dazwischen, in der faden Mitte.

Die ARD sollte nicht länger den Eindruck erwecken wollen, sie ziele auf das bessere Publikum. Wer am Montag ein Programm anbietet, dessen Quotensieger die „Tagesschau“, das Gruschel-„Großstadtrevier“ und die Süßstoff-Attacke „Sturm der Liebe“ sind, der hat die Aufgeweckten im Land nicht erreicht, der kann sich nur mit der kleinen Erkenntnis brüsten, dass jedes Programm das Publikum hat, das es verdient. Was sich am Montag zeigt, das wird am Dienstag bewiesen. Die ARD-Zuschauer genießen „In aller Freundschaft“, das RTL-Publikum labt sich an „Dr. House“. Das ist der leichte Sieg des privaten Fernsehens über die öffentlich-rechtliche Konkurrenz.

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