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Journalisten-Bespitzelungen: Vorwürfe gegen BND lösen Proteststurm aus

Nach einem Medienbericht über Beschattungen von Journalisten durch den BND in den 90er Jahren hat "Focus"-Chefredakteur Markwort rechtliche Schritte angekündigt. Unterstützung erhielt er von der Bundesregierung.

Berlin - Nach den Berichten der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag) über Bespitzelungen von Journalisten durch den Bundesnachrichtendienst (BND) in den 90er Jahren hat der Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Focus", Helmut Markwort, rechtliche Schritte angekündigt. "Wir wollen Strafanzeige gegen die Verantwortlichen stellen", sagte Markwort am Freitag der dpa. Mitarbeiter des BND seien unter anderem in die Tiefgarage des Burda-Verlages eingedrungen und hätten dort Autokennzeichen aufgeschrieben, berichtete er. "Das ist Hausfriedensbruch, das ist rechtswidrig", so Markwort.

Der Bundesnachrichtendienst hat nach einem Bericht der "SZ" in weit größerem Ausmaß als bisher bekannt Journalisten bespitzelt und sie angeblich bis ins Privatleben hinein beschattet. Entsprechende Informationen soll nach einem Bericht der Zeitung der ehemalige Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof, Gerhard Schäfer, am Mittwochabend dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) gegeben haben. Dieses Gremium tagt streng geheim. Eine Stellungnahme des BND war am Donnerstagabend nicht zu erhalten.

Wie die Zeitung erfahren haben will, belegen die Untersuchungen Schäfers, dass der BND nicht nur einzelne Journalisten beschattet hat. Der für die Auslandsaufklärung zuständige Geheimdienst habe Journalisten auch gezielt auf Kollegen angesetzt, um zu erfahren, an welchen Themen diese gerade arbeiteten. Namentlich soll Schäfer fünf Journalisten genannt haben, die entweder selbst Informationen über Kollegen anboten oder vom BND befragt worden seien.

Der BND hatte in der Vergangenheit Observationen unternommen, um ein Leck in den eigenen Reihen zu finden. Dafür überwachten Geheimdienstmitarbeiter insbesondere das Haus des Publizisten Erich Schmidt-Eenboom, Autor eines BND-kritischen Buches. Der Bericht des Ex-Richters hat nach "SZ"-Informationen mehr als 170 Seiten und ist als geheim eingestuft.

Die Bundesregierung hat unterdessen mögliche Verstöße gegen die Pressefreiheit im Zusammenhang mit der im Raum stehenden nachrichtendienstlichen Bespitzelung kritisiert. "Sie können sicher sein, dass die Bundesregierung das hohe Gut der Presse- und Meinungsfreiheit verteidigen wird", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Thomas Steg am Freitag in Berlin.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger protestierten ebenfalls in scharfer Form. "Wenn die (...) angesprochenen Fälle der Wahrheit entsprechen, ist es nicht nur eine Missachtung, sondern ein eklatanter Eingriff in die Pressefeiheit", sagte der Präsident des Verbandes, der Verleger Hubert Burda in München.

Der DJV forderte die vollständige Veröffentlichung eines Berichts über die Überwachung von Journalisten. "Der Vorwurf der umfangreichen Bespitzelung von Journalisten durch den BND muss sich öffentlich überprüfen lassen", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken in Berlin. (tso mit dpa)

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