zum Hauptinhalt

Medien: Kampf dem Mainstream

Tim Renner startet in Berlin sein neues UKW-Radio Motor FM mit „50 Prozent Musik aus der Region“

Seit Dienstag hat Berlin ein neues Radio. Motor FM heißt der Sender, der jetzt auf der UKW-Frequenz 106,8 zu hören ist, und zumindest Geschäftsführer Tim Renner verspricht nichts Geringeres als eine „Radiorevolution“. Nicht zum ersten Mal sagt der ehemalige Universal-Manager dem Mainstream den Kampf an: Neue, unbekannte Bands sollen das Musikprogramm von Motor FM bestreiten, frei nach dem Titel „Wohngemeinschaft Deutschland“, den Renner & Co. zum Slogan ihres Senders auserkoren haben – was wohl veranschaulichen soll, dass dort alles ein wenig improvisiert, chaotisch und selbst gebastelt zugehen soll. Mit anderen Worten: jung und aufregend.

Zur Vorstellung des Senders hatte Motor FM dann auch tatsächlich gestern Mittag in eine WG aus dem Bilderbuch geladen, als würden die anwesenden Journalisten auf einer normalen Pressekonferenz den Machern ihr nobles Anliegen nicht abnehmen. Im Mittelpunkt stand das musikalische Konzept: Viel anderes wird es ohnehin auf Motor FM nicht zu hören geben, auf redaktionelle Inhalte wird weitgehend verzichtet, die Moderation soll sich dezent zurückhalten. Renner, der sich in den vergangenen Monaten noch für die Einführung einer Radioquote für deutschsprachige Musik stark machte, wollte für seinen eigenen Sender zwar keine strikten Vorgaben nennen, kündigte aber an, „50 Prozent für Musik aus der Region freihalten“ zu wollen – womit er ganz Deutschland meinte. Der Rest soll laut Musikchef Thomas Müller mit „dem Besten der 70er, 80er und 90er“ aufgefüllt werden – was bei Motor FM eher aus alten Punk- und New-Wave-Stücken bestehen werde, als aus gefälligen Popsongs.

Für den Erfolg wichtiger ist die Frage, ob eine andere Rechnung aufgeht: So sehr sich die Macher der alternativen Musik verschrieben haben, so sehr nutzen sie die Werkzeuge des Formatradios, um ihre Kosten niedrig zu halten: Eine Software wird für die Ausarbeitung der Playlists sorgen, und auch wenn sich statt der üblichen 200 bis 300 Stücke bei Motor FM ein Repertoire von mehreren tausend Titeln in der Datenbank befindet, will der Sender auf Rotation nicht verzichten. Werbung dagegen soll es, abgesehen von wenigen Sponsoring-Partnern, nicht geben. Statt dessen versucht man, an den Hits mitzuverdienen, die man selbst groß macht. Mit dem vom Fraunhofer Institut entwickelten Download-System „Potato“ setzt der Sender auf ein Konzept, das den Käufern von Musikstücken erlaubt, diese mit kleiner Provision weiterzuverkaufen – ein Schneeball-System, das Motor FM durchaus mittelfristig Gewinne verschaffen könnte.

Harald Staun

Zur Startseite