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Medien: Kampf dem Unentschieden

Das Fernsehen belohnt die Siegermentalität einer Sportart

Natürlich, der Fußball lag wieder vorne. 8,52 Millionen Zuschauer schalteten die Live-Übertragung des EM-Qualifikationsspiels der Deutschen gegen die Litauer ein. Eine ordentliche Quote für das ZDF am Sonnabend. Was die Mainzer sehr viel mehr freuen wird: 6,8 Millionen Zuschauer beim WM-Boxkampf Michalczweski gegen Harmon. Nach Maske und Schulze, nach der „Eventisierung“ dieses Sports durch das RTL-Fernsehen schien das Thema erledigt, das Boxen wieder eine Sportart unter anderen. Das Zweite und genauso die ARD beweisen mit ihren höchst erfolgreichen Box-Nächten am Wochenende das Gegenteil. Der Faustkampf floriert, weil er exakt in den gewünschten Koordinaten des Fernseh-Sonnabends liegt: Action und Spannung, Emotion und Entscheidung. Aus diesen Elementen können die Sender eine Fernseh-Dramaturgie entwickeln, die dem Unterhaltungsbedürfnis zahlreicher Zuschauer entspricht.

Wenn 6,8 Millionen einschalten, dann sitzen die Box-Experten in Promille-Stärke vor den Geräten. Das ist beim Skisprung, wie ihn RTL zelebriert, nicht anders: Junge Männer fliegen in die Tiefe, und oft gewinnt ein deutscher Held. Warum der eine und nicht andere den Sieg davon trägt, kapieren höchstens 10 000 Menschen in Deutschland. Der Millionen-Rest schaut zu und unterhält sich.

Für die Fernsehsender ist die Botschaft klar: Eine Sport-Übertragung muss ein Event sein, dann schnellt die Quote nach oben. Da dieses Kalkül zur Erfolgsformel wird, steht die Partnerschaft von Sport und Fernsehen vor einer weiteren Verschärfung. Das Medium setzt nur noch auf Endspiele – siehe Boxen, wo ein Kampf am besten um irgendeinen Titel, am besten einen WM-Titel, geht. Selbst der Fußball, der Lieblingssport aller Sender und Zuschauer, muss da mit. Die Bundesliga sucht für die kommende Saison noch immer ihren TV-Partner, genauso die Champions League. Der XY-Spieltag in der Liga, die Zwischenrunde in der „Königsklasse“ von Europas Fußball, das ist für die TV-Manager ein Kosten-, aber kein Gewinnfaktor, vielleicht noch wichtig fürs Senderimage.

Das Fernsehen mit seinem Hang zur Quote läuft den Fans und den Genießern einer Sportart davon. Wehe dem Sport, wehe dem Wettbewerb, wenn es heißt: Nur ein Zwischenspiel, kein Endspiel, nur ein Unentschieden, kein Sieger, nur Eintrittsgelder, keine Fernsehgelder. Wer mit dem Fernsehen paktiert, der hat sich ans Fernsehen verkauft. Darüber muss keiner in Verzweiflung ausbrechen, er muss nur kapieren und akzeptieren: Dieses Medium kennt keine Dankbarkeit.

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