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Medien: Kapitalismus & DDR

IM RADIO Tom Peuckert verrät, was Sie nicht verpassen sollten In der DDR, so sagen bekennende Nostalgiker, sei die Temperatur im sozialen Gehäuse irgendwie behaglicher gewesen. Mehr menschliche Wärme, mehr Mitgefühl, mehr Solidarität.

IM RADIO

Tom Peuckert verrät,

was Sie nicht verpassen sollten

In der DDR, so sagen bekennende Nostalgiker, sei die Temperatur im sozialen Gehäuse irgendwie behaglicher gewesen. Mehr menschliche Wärme, mehr Mitgefühl, mehr Solidarität. Vielleicht war es nur die zwanghafte Enge im ummauerten Land, die eine Art Reibungshitze erzeugte. Vielleicht fehlte tatsächlich der Eiswind des Marktes, der unser Leben in eine kühle Verkaufsveranstaltung verwandelt. Wie das mit der sozialen Wärme gemeint war, lässt sich gut an den Gegenwartshörspielen der einstigen DDR studieren. Die Helden dieser Radiodramen sind meist so genannte einfache Menschen. Grüblerische Arbeiter, vereinsamte Alte, unruhige Teenager. In den Geschichten finden sich bemerkenswerte Mischungen aus romantischer Sehnsucht, melodramatischer Raffinesse, utopischem Engagement.

Hören Sie als Exempel in der kommenden Woche „Ich will nicht leise sterben“ , ein Hörspiel des DDR-Rundfunks aus dem Jahr 1976. Autor Martin Stephan erzählt von der alten Arbeiterin Clara, die ihr Leben zwischen den riesigen Druckmaschinen eines volkseigenen Werkes verbracht hat. Eine protestantische Pflichtexistenz, vernutzt in der sozialistischen Ökonomie. Nun ahnt Clara, dass sie bald sterben wird. Sie zieht eine Bilanz der besonderen Art (Deutschlandradio, 6. Februar, 19 Uhr 05, UKW 89,6 MHz).

Die Hörspielfassung des Romans „Neununddreißig neunzig“ von Frédéric Beigbeder führt dagegen in eine offene, extrem unterkühlte Landschaft. Hauptfigur Octave ist Mitglied einer Pariser Werbeagentur. Ein kapitalistisches Alphatier, jung, clever, erfolgreich. Aber Octave ist zugleich Dissident: Er schreibt an einem Roman, der den menschenfeindlichen Zynismus seiner Branche entlarven soll. Man kann Beigbeders Werk selbst als cleveres Kalkül verstehen. Motivische Anlehnung an die Erfolgsromane Michel Houellebecqs und Bret Easton Ellis’, dabei punktgenau auf den Skandal berechnet. Beigbeder weiß, dass der Kapitalismus mittlerweile auf diese wilden, kapitalismusfeindlichen Storys so richtig abfährt (SWR 2, 1. Februar, 16 Uhr 05, Kabel UKW 107,85 MHz).

Unlängst war in dieser Kolumne von Schlangen die Rede. Wer nicht genug davon hat, kann Renate Maurers Themenabend „Fesselnde Schönheiten“ hören. Gespräche mit Forschern, Züchtern, Liebhabern und sogar mit Schlangenopfern (Deutschlandfunk, 31. Januar, ab 23 Uhr 05, UKW 97,7 MHz).

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