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Karikatur-Streit: Kritik an Gewaltdrohungen

Der Geschäftsführer der Grünen-Fraktion im Bundestag, Volker Beck, hält die Proteste gegen die in verschiedenen europäischen Zeitungen veröffentlichten Mohammed-Karikaturen für überzogen.

Hamburg - «Wer wegen einer unangemessenen Mohammed-Karikatur mit Bombe im Turban mit Bombendrohung reagiert, gibt denen Recht, die dieses Bild für eine Beschreibung des Islam halten», sagte Beck am Donnerstag der «Netzeitung». Er appellierte an die deutschen Muslime, die Meinungsfreiheit in Deutschland anzuerkennen, zu schätzen und zu verteidigen. «Muslime müssen genau so wie die christlichen Kirchen und Juden Kritik und Satire ertragen.»

Auch der medienpolitische FDP-Fraktionssprecher Christoph Waitz nannte die Pressefreiheit ein «zentrales Grund- und Freiheitsrecht». Zugleich rief er zur Vermittlung und Deeskalation auf. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, kritisierte die Gewaltaufrufe von Islamisten scharf. Mit derartigen Reaktionen könne er «nichts anfangen», sagte Kolat der «Netzeitung». An die deutschen Medien appellierte er, bei ihrer Berichterstattung auch auf die «Sensibilität der Muslime» Rücksicht zu nehmen.

Deutsche Medien berichteten am Donnerstag teils ausführlich über den Konflikt. In Zeitungskommentaren wurde überwiegend die Unantastbarkeit der Presse- und Meinungsfreiheit hervorgehoben und der Informationsauftrag der Medien betont. Daneben warnten die Kommentatoren vor einem Kulturkampf und riefen zur Mäßigung auf.

Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» wies darauf hin, dass sie bereits am 3. November 2005 auf ihrer Medienseite eine der umstrittenen Karikaturen abgedruckt hatte, als sie über den Stand der Auseinandersetzung berichtete. Auch die Berliner «tageszeitung» bekannte sich zum Abdruck der Karikaturen. Dies sei «eine Selbstverständlichkeit», schrieb Chefredakteurin Bascha Mika.

Außer der «Welt», die am Mittwoch mehrere der Karikaturen gedruckt hatte, illustrierte auch die Wochenzeitung «Die Zeit» am Donnerstag einen Bericht aus Dänemark mit einer der Karikaturen. «Welt»-Chefredakteur Roger Köppel hatte den Abdruck am Mittwoch als eine journalistische Pflicht bezeichnet. Die meisten Zeitungen berichteten jedoch ohne Abbildung der Karikaturen.

Der Online-Dienst des «Spiegels» hat bislang bewusst darauf verzichtet, die Karikaturen zu zeigen. Zur Begründung erklärte die Redaktion, sie wolle «angesichts des Entführungsfalls im Irak und der Todesdrohung gegen die beiden deutschen Techniker ... nichts unternehmen, was die Situation für die Geiseln verschlimmern könnte». Im Unterschied zu den Tageszeitungen, die die Karikaturen abgedruckten hatten, seien die Veröffentlichungen von «Spiegel Online» auch im Irak unmittelbar zugänglich - «mit unter Umständen dramatischen Konsequenzen für die festgehaltenen Deutschen». (tso/dpa)

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