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Medien: Kartellamt sagt wieder Nein

Holtzbrinck legt Beschwerde gegen erneute Ablehnung ein

Das Bundeskartellamt in Bonn hat den Erwerb des Berliner Verlages durch die Verlagsgruppe Holtzbrinck erneut untersagt. Zur Begründung teilte die Behörde am Mittwoch mit, „der Zusammenschluss hätte zur Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung von Holtzbrinck auf dem Lesermarkt für regionale Abonnement-Tageszeitungen in Berlin und dem dortigen Lesermarkt für Stadtillustrierte geführt“. Die Verlagsgruppe Holtzbrinck gibt den Tagesspiegel und das Stadtmagazin „Zitty“ heraus, zum Berliner Verlag gehören unter anderem die „Berliner Zeitung“, das Boulevardblatt „Berliner Kurier“ und die Stadtillustrierte „Tip“. Gegen den Beschluss können die beteiligten Unternehmen beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde einlegen. Die Verlagsgruppe Holtzbrinck will dies auch tun, sie „hält die Untersagung für nicht vereinbar mit dem Kartellrecht“, sagte Sprecher Rolf Aschermann.

Kartellamtspräsident Ulf Böge erklärte, die beteiligten Verlage hätten auch nach der Abmahnung im Dezember 2003 die „wettbewerblichen Bedenken des Bundeskartellamtes nicht ausräumen können“. Nach Auffassung seiner Behörde seien die Anteile am Tagesspiegel, „die von Holtzbrinck an Dr. Gerckens verkauft werden sollen, Holtzbrinck zuzurechnen“. In seinen wettbewerbsrechtlichen Auswirkungen entspreche der Fall damit im Wesentlichen dem bereits im Jahr 2002 vom Bundeskartellamt geprüften und untersagten Fusionsvorhaben. Die Verlagsgruppe wendet „sich entschieden gegen diese vom Bundeskartellamt vorgenommene Zurechnung. Neben einer falschen rechtlichen Bewertung der Call Option sind unangemessene Argumente bezüglich des Lebensalters von Dr. Gerckens sowie dessen wirtschaftlicher Interessenslage und seiner guten Beziehungen zu seinem früheren Arbeitgeber nicht hinnehmbar“, heißt es in der Holtzbrinck-Mitteilung. Der 65-jährige, frühere Holtzbrinck-Manager Pierre Gerckens betonte unterdessen, er sei nach wie vor daran interessiert, den Tagesspiegel zu übernehmen und dessen Eigenständigkeit zu gewährleisten.

Warum der Tagesspiegel trotz eines Verkaufs von der Verlagsgruppe an Pierre Gerckens weiterhin der Verlagsgruppe Holtzbrinck zuzurechnen sei, ergibt sich für das Kartellamt „in erster Linie aus der wirtschaftlichen Beurteilung des zwischen Holtzbrinck und Dr. Gerckens geschlossenen Kaufvertrages und unter Würdigung der Gesamtumstände“. Pierre Gerckens sagte dazu, die Argumentation des Kartellamtes sei nicht nachvollziehbar, da sie auf einer subjektiven Einschätzung einer zu engen beruflichen und persönlichen Beziehung beruhe. „Dieses Argument würde selbst Management-Buyouts diskriminieren und unmöglich machen“, sagte Gerckens.

Das Amt seinerseits verwies dabei auf seine Äußerungen von Mitte Dezember. Damals hatte das Kartellamt moniert, dass die Verlagsgruppe Holtzbrinck mittels Call Option das Recht zum Rückkauf von 75 Prozent der Anteile habe, wenn geänderte Rechtsvorschriften der Pressefusionskontrolle den Erwerb des Berliner Verlags zuließen. Auch eine Verkürzung der Call Option nun auf ein Jahr bis zum 31. Dezember 2004 rechtfertige „keine andere wettbewerbliche Beurteilung. Die Call Option steht weiterhin für die Absicht der Unternehmen, ein fusioniertes Zeitungsunternehmen aus Tagesspiegel und Berliner Zeitung zu bilden.“ Der Vorschlag einer Verkürzung der Option ist aus Sicht des Kartellamtes allein vor dem Hintergrund der von den Beteiligten bis zum Ende dieses Jahres erwarteten Änderung der Pressefusionskontrolle erfolgt.

Und selbst ohne Zurechnung der von Pierre Gerckens gehaltenen Tagesspiegel-Anteile zur Verlagsgruppe Holtzbrinck wäre das Vorhaben „nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht genehmigungsfähig, da auf dem Berliner Lesermarkt für regionale Abonnement-Tageszeitungen eine gemeinsame marktbeherrschende Stellung von Holtzbrinck (dann ,Berliner Zeitung’) und Pierre Gerckens (Der Tagesspiegel) entstünde.“ Für Pierre Gerckens ist diese Argumentation nicht nachzuvollziehen: „Die Behauptung des Kartellamts, es würde zwischen mir als Eigentümer des Tagesspiegel und der Verlagsgruppe von Holtzbrinck als Eigentümer der ,Berliner Zeitung’ keinen Wettbewerb mehr geben, ist unhaltbar. Diejenige Zeitung, die sich in Berlin dem Wettbewerb entzieht, hätte keine Chance auf Wachstum und Überleben.“

Die Verlagsgruppe Holtzbrinck will mit der Beschwerde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf auch klären lassen, „inwieweit der Besitz beider Zeitungstitel (Tagesspiegel und ,Berliner Zeitung’) die vom Kartellamt unterstellte ,marktbeherrschende Stellung’ in Berlin begründen kann.“ Aus Sicht der Verlagsgruppe verkenne das Amt bei der Marktabgrenzung im Hinblick auf die Berliner Medienmärkte die Wechselwirkungen zwischen Abonnement- und Kaufzeitungen sowie zwischen Leser- und Anzeigenmärkten und den Einfluss der überregionalen und Umlandzeitungen sowie den internationalen Wettbewerb.

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