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Medien: Kerner und kernig

ZDF-Chef Schächter über verdiente Mitarbeiter, Robert Hoyzer und die ARD

Politischer Talk gegen „Sabine Christiansen“ am Sonntag? Kein Problem! Montags gegen „Beckmann“? Sehr gerne! Johannes B. Kerner hat sich im „Focus“-Interview seine künftigen ZDF-Engagements dekretiert. Nun hat der Mainzer Sender immer noch einen Intendanten, und der heißt Markus Schächter, und der ist nicht schwach. Der Intendant: „Eine Kerner-Talkshow am Sonntag ist zurzeit nur eine Option. Wir werden das Format jetzt punktuell einsetzen, wie an diesem Sonntag als ,Schwarzwaldklinik’-Special.“ Eine Kerner-Show am Montag nannte Schächter beim Pressegespräch in Berlin „eine Denkmöglichkeit“, dafür müsste dann aber die Show am Freitag aufgegeben werden.

Robert Hoyzer, der betrügerische Schiedsrichter, am Dienstag vergangener Woche bei „Johannes B. Kerner“: Drei Mal habe er sich die Show angeschaut, so Schächter, und dabei die Frage hin und her gewälzt, ob „nur eine Talkshow das richtige Genre ist“. Diese Sendung habe Hoyzer als einen gewissenlosen jungen Mann entlarvt. Energisch dementierte Schächter am Dienstag Spekulationen, wonach Hoyzer oder Hoyzer-Vertraute um die 50 000 Euro vom ZDF dafür erhalten haben sollen, dass der Referee exklusiv bei Kerner zu Gast und Teil eines ZDF-Porträts am vergangenen Sonntag gewesen sei. Schächter: Hoyzer habe wie jeder andere Gast bei Kerner 500 Euro bekommen, nicht mehr und nicht weniger.

Zufrieden zeigte sich der ZDF-Chef mit den Programmleistungen seines Senders. „Im Jahr 2004 sind wir nur wegen des Erfolges der ,Sportschau’ hinter der ARD Zweiter geworden in der Gunst der Zuschauer.“ Das ZDF sei speziell in der Primetime, in der „Fernsehen beim Publikum als Primärtätigkeit’ stattfindet“, so erfolgreich wie in den letzten zwölf Jahren nicht mehr. Schächter begründete diesen Erfolg insbesondere mit den publizistischen Anstrengungen; so habe das „heute-journal“ um die Jahreswende zwei Mal so viele Zuschauer gefunden wie die ARD-„Tagesthemen“. Sobald die Konkurrenzsendung des Ersten von 22 Uhr 30 auf 22 Uhr 15 vorverlegt werde, erwartet er einen „Zuwachs um 500 000 Zuschauer für die ,Tagesthemen’“, zu Lasten der Konkurrenz, zu Lasten des ZDF. Das Vorrücken des „heute-journals“ am Freitag vom 1. April an auf 21 Uhr 45 nannte Schächter einen Beleg dafür, wie ernst es dem ZDF um die Unterrichtung des Publikums sei. Die ARD erinnerte der Intendant an die Pflicht des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, jedenfalls bei der Information mit komplementärer Programmierung ein gestaffeltes Angebot zu machen. Vor diesem Hintergrund nimmt er hin, dass die ARD ihren „Bericht aus Berlin“ vom 13. März an sonntags um 18 Uhr 30 ausstrahlt und damit kurz vor dem ZDF-Magazin „Berlin direkt“.

Schächter sprach viel von der ARD und wenig von den Privaten. Deren strukturelle Schwäche werde wegen des weiter kriselnden Werbemarktes anhalten, zumal Schächter RTL & Co. weiter in der Programmspur für eine Spaßgesellschaft sieht, die so gar nicht mehr existiere. „Die Zuschauer treiben doch ganz andere Fragen an – Alter, Arbeit und Gesundheit.“

Den künftigen und härteren Wettbewerb um die Aufmerksamkeit des Publikums sieht der ZDF-Chef im weiteren Ausbau des digitalen Fernsehens. Hier herrsche geradezu eine „Goldgräberstimmung“, täglich wird über neue Kanäle nachgedacht, à la longue werden seiner Meinung nach allerdings nur zehn bis 20 neue Pay-Angebote überleben. Vorneweg natürlich Premiere mit seinem „Verkaufsgenie Georg Kofler an der Spitze“. Mit dem Börsengang am 9. März und den spekulierten zwei Milliarden Erlösen erwartet Schächter das Abo-Fernsehen als Interessent und Käufer exklusiver Programmware. „Premiere wird vor allem bei Sportrechten bieten, bei der Fußball-Bundesliga, bei der EM 2008 und der WM 2010.“ Gingen die Preise für die Fernsehrechte bei der Fußball-Bundesliga nach der Kirch-Pleite nach unten, würden sie jetzt wieder nach oben klettern. „Premiere hat frisches Geld und wird es einsetzen“, sagte Schächter. Wie sich die Rechte für die internationalen Turniere auf die Sender verteilen würden, sei völlig offen. Die Lösung für die WM 2006 in Deutschland – Rechte für ARD/ZDF, RTL und Premiere – nannte Schächter „ein tragfähiges Modell“ für die Zukunft.

Was wird aus den Rundfunkgebühren? Sie werden zum 1. April auf 17,03 Euro steigen, sofern alle Länderparlamente zugestimmt haben werden. Unsicher ist Sachsen, am 9. März wird abgestimmt, und Schächter hält es für nicht unmöglich, dass einige CDU-Abgeordnete dem ProVotum ihres Ministerpräsidenten Georg Milbradt nicht folgen werden. „Lehnt der sächsische Landtag ab, dann ist die Gebührenerhöhung so gefährdet wie der Föderalismus in Deutschland. Immerhin könnten im Extremfall dann 15 Landtage Ja und nur ein Landtag Nein gesagt haben.“

Angenagt wird die Gebührenfinanzierung von ARD und ZDF auch durch die EU-Kommission in Brüssel. Zwar treten die Länder und die Sender hier Seit’ an Seit’ auf, trotzdem schließt Schächter nicht aus, dass die Gebühren von Brüssel als unzulässige Beihilfen eingestuft werden. Mit unabsehbaren Folgen für das deutsche Rundfunksystem, wie ZDF-Intendant Markus Schächter meint.

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