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Kinderkanal: Die Schlau-Macher

Warum haben wir Angst? Der Kinderkanal will mit "Nächster Halt“ existenzielle Fragen klären.

Eigentlich ist Gert Scobel mit Ende vierzig schon ein bisschen zu alt, um noch im Kinderfernsehen rumzuspringen. Aber der Moderator springt ja auch nicht, im Gegenteil; meistens sitzt er ganz gemütlich im Bus und lässt sich durch Berlin fahren. Das erklärt den Titel seiner neuen Kika-Reihe: „Nächster Halt“ heißt es immer dann, wenn in der Sendung ein neues Kapitel beginnt – und das ist ziemlich oft der Fall, weil Fernsehen für junge Jugendliche heute gar nicht mehr anders geht, und weil es das Konzept verlangt.

Die vorerst sechsteilige Reihe beschäftigt sich mit Philosophie, kaschiert das aber recht geschickt. Es geht um Themen wie Angst, Schönheit, das Böse, das Fremde oder die Liebe, also kurz gesagt: um den Sinn des Lebens. Die Philosophen und Gelehrten kommen als Quereinsteiger in den gelben Doppeldecker, mit dem Scobel und das junge Moderationspaar (Sabrina Stehnicke und Torsten Flassig) durch die Hauptstadt fahren. Vordergründig wirken die Auftritte wie ein Tribut an die Zielgruppe, doch tatsächlich ist die Idee richtig clever: Plötzlich wird ein Tattoo auf einem Oberarm oder ein Gesicht auf einer Plastiktüte lebendig und entpuppt sich als Friedrich Schiller oder David Hume, die ihre Erkenntnisse zum Besten geben.

Scobel hatte die Idee zu dieser Reihe. Er fand es merkwürdig, dass die Kultur im Allgemeinen und die Philosophie im Besonderen im Kinderfernsehen überhaupt keine Rolle spielen. Als Vater weiß er schließlich, dass solche Themen auch und gerade für Kinder eine große Rolle spielen. Er wandte sich mit seiner Idee an die Sender, dachte, dass er auf Widerstand stößt – und stellte verblüfft fest, dass er bei ARD, ZDF und der gemeinsamen Tochter Kika offene Türen einrannte. Prompt war Scobel dann als Experte mit von der Partie. In den Filmen wird er allerdings nicht vorgestellt. Schlicht „Gert“ lautete das Insert, und vermutlich wird sich die Zielgruppe fragen: Wer ist der Typ eigentlich?

Ganz einfach: Gert Scobel ist so etwas wie das Kulturgesicht im deutschen Fernsehen. Vor drei Jahren wurde er für seine 3sat-Sendungen „Kulturzeit“ und „delta“ mit dem Adolf Grimme Preis ausgezeichnet, Mitte April startet 3sat ein wöchentliches Magazin, das seinen Namen trägt: „scobel“. Der Titel war allerdings ebenso wenig geplant, wie seine Mitwirkung in „Nächster Halt“, es klingt Scobel zu sehr nach Personality-Show, was völlig falsche Erwartungen wecke. Die Frage, ob sich der Mann nicht durchsetzen kann oder ob nicht doch auch eine Spur Eitelkeit im Spiel ist, drängt sich zwar auf, ist aber zumindest im Zusammenhang mit der neuen Kika-Reihe unerheblich. Die Marktforschung zeigte schlichtweg, dass die Kinder Scobel wollen. Er kommt bei ihnen gut an, denn er bewegt sich auf Augenhöhe, ohne sich anzubiedern. Liebe, Tod und ähnlich große Themen mögen Kinder zwar bewegen, doch es ist nie verkehrt, darüber auch mit Erwachsenen zu reden.

Identifikationsfiguren für die jungen Zuschauer sind neben den beiden Moderatoren auch Jungen und Mädchen, die sich in jeder Sendung auf ihre ganz eigene Art persönlich mit einem Problem auseinandersetzen.

In der ersten Folge zum Thema Angst versucht Moderator Torsten, von einem Zehn-Meterbrett zu springen, seine Kollegin Sabrina lässt sich eine Vogelspinne auf die Hand setzen. Und die 13-jährige Paula aus Berlin erzählt von ihren Befürchtungen, dass ihrem Vater im Ausland etwas zustößt oder sie sich sogar verlieren könnten. Tilmann P. Gangloff

„Nächster Halt“, Kika, 19 Uhr 50

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