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© ZDF

KINO: Porträt eines ängstlichen Regisseurs

Der Mann ist Pessimist. Sitzt im Sessel, im Luxushotel in Cannes, und nölt nur rum: „Glück, was ist das schon?

Der Mann ist Pessimist. Sitzt im Sessel, im Luxushotel in Cannes, und nölt nur rum: „Glück, was ist das schon? Ein Preis ist ja ganz nett. Doch am nächsten Tag ist man immer noch der Gleiche.“ Eigentlich sei es doch schon wunderbar, wenn man sagen könne: Ich bin nicht unglücklich. Der Mann ist Österreicher.

Michael Haneke hat für sein deutsches Kinderdrama „Das weiße Band“ in diesem Jahr in Cannes die Goldene Palme bekommen, den höchsten Preis, den die Kinowelt vergeben kann. Okay, der Oscar ist vielleicht noch höher. Für den Oscar ist „Das weiße Band“ auch nominiert.

Eigentlich sei er ein Optimist, sagt Haneke. Pessimisten, das sind die, die dem Zuschauer nichts zutrauen, die ihn ruhigstellen, mit Unterhaltungsfilmen. Dran glauben, dass man die Welt, ja, nicht verändern, aber ein Stück weit bewegen könne, mit einem Film, das tun nur die Optimisten. Optimisten können sehr wütend werden. Doch nicht Wut treibe ihn an, sondern panische Angst vor physischer Gewalt. Obwohl ihm eigentlich gar nichts Schlimmes passiert ist. Glückliche Kindheit auf dem Bauernhof. Okay, dass da Hühner getötet wurden, und so ein Huhn rannte ohne Kopf weiter, das hat ihn traumatisiert. Die Szene taucht in „Caché“ wieder auf. Aber sonst war das Schlimmste, als einmal eine Frau im Zug ihr Kind geschlagen hat. Da hat er sich eingemischt.

Von Gewalt gegen Kinder, Gewalt durch Kinder, Gewalt durch Lieblosigkeit handeln seine Filme, von „Benny’s Video“ über „Funny Games“ bis zu „Das weiße Band“. Gero von Boehm und sein Sohn Felix lassen die Filme Revue passieren, in Gesprächen mit dem Regisseur, auf Festivals, in Gesprächen mit seiner Ehefrau, den Schauspielerinnen Susanne Lothar, Isabelle Huppert, Juliette Binoche und beim Dreh von „Das weiße Band“ im Spreewald. 45 Minuten Porträt, es entsteht das Bild eines Menschenfreunds in einer bösen Welt. Aus seinen Filmen wäre er manchmal am liebsten selbst rausgegangen. Christina Tilmann

„Michael Haneke – Mein Leben“, Arte, 17 Uhr 20

Christina TilmannD

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